„Nicht schuldig“ bekennt sich Polizist Andreas K., der einen jungen Einbrecher erschoss. Vor Gericht wirkt der angebliche Rambo zweifelhaft.
Polizeiintern wird Gruppeninspektor Andreas K. angeblich „Rambo“ genannt. Stimmt das, kann man Wolfgang Schüssel als „Gorilla“ bezeichnen. Als der 43-jährige Cop Mittwoch am Landesgericht Korneuburg auf der Anklagebank sitzt, wirkt er so soft, als könnte er nicht einmal Schlagobers schlagen:
Schmächtig, die Schultern vorgebeugt, adrett gekleidet wie ein Wüstenrot-Berater. Mit Flüsterstimme und abgehackten Sätzen strahlt Andreas K. vor Richter Manfred Hohenecker das Selbstbewusstsein eines Gespenstes aus, das noch nie jemandem erschienen ist. Immer wieder spricht er von „Furcht“ und „Angst“.
Angeblich in Panik hat Andreas K. dem 14-jährigen Einbrecher Florian P. in den Rücken geschossen, worauf der Bub verblutete und erstickte. Jetzt lastet Staatsanwältin Magdalena Eichinger dem Beamten „fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Umständen“ an. Und der Prozess rollt den furchtbarsten Gebrauch einer Dienstwaffe in den vergangenen Jahren noch einmal minutiös auf.
Die Polizisten gingen von einem Fehlalarm aus
In der Nacht zum
5. August 2009 war Gruppeninspektor Andreas K. mit seiner Kollegin Ingrid G.
zu einem Fehlalarm bei „BauMax“ in Krems ausgerückt Um 2.28 Uhr schlug dann
auch noch der Bewegungsmelder bei „Merkur“ an. Wieder fanden die Cops am
Gebäude keine Einbruchspuren, verständigten aber den Filialleiter, um auch
die Innenräume zu kontrollieren – offenbar nur der Form halber, denn sie
schalteten nicht einmal die volle Beleuchtung an.
Unglaublicher Fehlschuss aus zwei Metern Distanz
Sekunden später
dann die Katastrophe. In einem Vorraum fiel der Lichtkegel der Taschenlampe
von Andreas K. auf zwei vermummte Gestalten, die in einer Nische kauerten.
„Ich habe nur ihre Augen gesehen“, erzählt der Polizist vor Gericht.
Angeblich waren die Einbrecher Florian P. und sein 17-jähriger Komplize
Roland T. mit einem Schraubenzieher und einer Gartenharke bewaffnet. Die
Beamten fühlten sich bedroht. Nach einem Warnschuss jagte Polizistin Ingrid
G. dem 17-Jährigen ein Projektil durch die Beine. Ihr Kollege lief Florian
P. nach, der sich im großen Verkaufsraum hinter einer Palette mit Eistee
versteckte. Als er hervorsprang, tötete ihn der Polizist durch einen
Lungenschuss von hinten.
„Weil ich durch ein Geräusch rechts von mir abgelenkt war“, sagt er Polizist vor Gericht, „ich dachte, da sind noch weitere Komplizen.“ Angeblich in Notwehr und obwohl auch er auf die Beine zielte. „Wie kann man aus zwei Metern Entfernung einen halben Meter zu hoch treffen?“, will der Vorsitzende wissen – und schießt ein Sperrfeuer an Fragen nach:
Warum wurde nicht Verstärkung angefordert? Hätte nicht auch der Einsatz von Pfefferspray gereicht? Wieso ist der Polizist dem Jugendlichen nachgelaufen, wenn er sich bedroht fühlte? Wollte Florian P. gar nicht angreifen, sondern einfach nur weg?
Richter Hohenecker scharf zum Angeklagten: „Nur Sie und der Tote wissen, was passiert ist. Aber er kann nicht mehr reden. Warum sagen Sie uns nicht einfach die Wahrheit?“
Andreas K. zuckt die Schultern und hofft spürbar auf den Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten.“ Aber der erste Prozesstag läuft für ihn zum Verzweifeln. Urteil am Freitag.
Das sagt der Polizist
Todesschütze Andreas K. macht vor Gericht keine gute Figur – was auch
an seinen widersprüchlichen Aussagen über den fatalen Waffengebrauch
liegt. Bei ersten Einvernahmen gab er an, aus etwa fünf Meter Distanz
und im Knien geschossen zu haben. Als ihn Gutachter widerlegten,
änderte er seine Version auf „etwa zwei Meter Entfernung“ und „beim
Schuss bin ich wohl gestanden“ ab. |
Das sagt der Täter
Augenzeuge. Roland T., zum Tatzeitpunkt 17 Jahre alt, war gemeinsam
mit seinem Freund Florian P. in den Supermarkt eingebrochen. Als Zeuge
widersprach er am Mittwoch vor Gericht in allen wesentlichen Punkten
den Angaben des angeklagten Polizisten. |