Toter Bub in Tirol

Prozess gegen angeklagten Vater: Befangenheit abgewiesen

18.07.2024

Der Mordprozess gegen einen 39-Jährigen, dessen Sohn im Sommer 2022 in der Kitzbüheler Ache in St. Johann tot aufgefunden worden war, ist am Donnerstag fortgesetzt worden. 

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© APA, Groder
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Am Vormittag stellte die Verteidigung Befangenheitsanträge gegen zwei Geschworene und den gerichtsmedizinischen Sachverständigen Walter Rabl, da am Ende des ersten Prozesstages am Mittwoch ein Gespräch zwischen den Dreien stattgefunden haben soll. Das Gericht wies diese ab.

Die Verteidiger Mathias Kapferer und Albert Heiss wollten die beiden Geschworenen und Rabl als Sachverständigen abgelehnt wissen. Der Bruder des Angeklagten sowie weitere Zeuginnen sagten aus, am Mittwoch nach der Verhandlung zwei Geschworene in einem Gespräch mit Gerichtsmediziner Rabl gesehen zu haben. Einer der betroffenen Geschworenen meinte allerdings, dass er den Gutachter nur auf einen "schiefen Gürtel" angesprochen habe. Rabl soll außerdem zu den zwei Geschworenen gemeint haben: "Na, da habt's einen Fall ausgefasst". Der erfahrene Verteidiger Heiss merkte an, dass die "Optik der Befangenheit" ausschlaggebend sei.

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Der Richtersenat unter dem Vorsitz von Andreas Fleckl bestellte Rabl daher ein, wobei dieser beteuerte, nicht befangen oder voreingenommen zu sein. Der Geschworene habe ihn auf seinen Gürtel angesprochen. Eine Bemerkung während seiner Befragung am Vortag zu einer etwaigen Fußverletzung des Angeklagten sei indes "ungeschickt" gewesen, räumte Rabl ein. Da aber offenbar nicht über den Inhalt der Verfahrens gesprochen worden war, lehnte der Richtersenat die Befangenheitsanträge letztlich ab. Es könne weder eine Befangenheit noch der Anschein einer Befangenheit abgelesen werden. Auf ein von der Verteidigung vorgebrachtes gemeinsames Mittagessen zwischen Staatsanwalt, einem Geschworenen sowie einem Mitglied des Schwurgerichts ging Richter Fleckl nicht weiter ein.

Zeugenbefragungen auf dem Programm

Während beim ersten von insgesamt drei Prozesstagen neben dem Angeklagten die gerichtsmedizinischen und psychiatrischen Sachverständigen zu Wort gekommen waren, standen am Donnerstag eigentlich zahlreiche Zeugenbefragungen am Programm. Der tatverdächtige Vater - ein Deutscher, der in Tirol lebte - hatte sich am Mittwoch nicht schuldig bekannt.

Bei der Verhandlung blieben sowohl Verteidigung als auch der Angeklagte selbst dabei, dass der 39-Jährige in jener Nacht auf einer Promenade neben der Ache Opfer eines Raubüberfalles und von einem Unbekannten mit einer Flasche ohnmächtig geschlagen worden sei. Der gesundheitlich beeinträchtigte Bub soll dann selbstständig aus dem Kinderwagen gestiegen, in die Ache gestürzt und ertrunken sein. Der gebürtige Deutsche beteuerte teils emotional sehr bewegt die Liebe zu seinem Sohn und führte gesundheitliche Fortschritte des Buben ins Treffen.

Staatsanwalt Joachim Wüstner sah dagegen stichhaltige Beweise gegen den Mann vorliegen. Videoaufnahmen würden etwa zeigen, dass sich im Kinderwagen eine Sektflasche befunden habe und darauf DNA-Spuren vom Kind nachweisbar gewesen seien. Es gebe zudem keine DNA-Spuren von einem etwaigen Täter am Handy oder der Kleidung des Angeklagten - somit sei dies nicht mit dem angeblichen Raubüberfall in Einklang zu bringen.

Gutachten belasten Angeklagten

Auch vor Gericht dargetane Gutachten belasteten den Angeklagten. Rabl führte etwa unter anderem aus, dass die Verletzung des Angeklagten - eine kleine Rissquetschverletzung am Hinterkopf und einige Abschürfungen im Gesicht - wohl nicht zu einer so lange andauernden Ohnmacht geführt haben dürfte. Auch für die psychiatrische Sachverständige Gabriele Wörgötter war eine lange Bewusstlosigkeit aus neurologischer Sicht nicht erklärbar, es gebe keinen "objektiven Grund" dafür.

In dem für großes Aufsehen sorgenden Fall war man ursprünglich von ebenjenem Raubüberfall auf den Vater ausgegangen. Doch nach monatelangen, intensiven Ermittlungen, bei denen sich keine heiße Spur nach dem angeblichen Räuber herauskristallisierte, geriet der 39-Jährige selbst ins Visier und wurde schließlich am 27. Februar 2023 festgenommen.

Für den unter großem Medieninteresse aus Österreich und Deutschland Schwurgerichtsprozess wurden angesichts des beträchtlichen Verhandlungsumfanges drei Verhandlungstermine anberaumt. Verhandelt wird auch noch am 1. August. Der Beschuldigte muss sich neben des Verdachts des Verbrechens des Mordes auch wegen des Verdachts der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung verantworten. Ihm droht bei einer Verurteilung bis zu lebenslange Haft.
 

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