Beim Duschen

17-Jährige erlitt CO-Vergiftung: Hilfarbeiter könnte schuld sein

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Der Teenie überlebte mit einer Schädigung des Gehirns. 

Am 16. November 2022 hat eine damals 17-Jährige in einer Wohnung in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus beim Duschen eine lebensbedrohliche Kohlenmonoxid-Vergiftung erlitten. Die Schülerin überlebte das Unglück, trug aber infolge ausgedehnter Gewebsschäden des Gehirns bleibende gesundheitliche Beeinträchtigungen davon, wie sie am Dienstag am Wiener Landesgericht als Zeugin in einem Prozess um grob fahrlässige Körperverletzung erläuterte.

"Ich war nach der Schule duschen. Dann wachte ich im AKH auf. Ich war auf der Intensivstation und hatte Magensonde und Windeln", schilderte die mittlerweile 19-Jährige. Sie sei damals kurz vor der Matura gewesen: "Ich habe jetzt Epilepsie." Sie könne jetzt wieder gehen, habe aber Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, spüre ihre Finger nicht und habe kein Zeitgefühl. Sie machte in dem Verfahren, dem sie sich als Privatbeteiligte angeschlossen hatte, ein Schmerzengeld von 50.000 Euro geltend und verlangte die gerichtliche Feststellung, dass ihr allfällige weitere zukünftige Folgeschäden abgegolten werden.

Ursache des Unglücks waren Umbauarbeiten am Gebäude, bei denen laut Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wien "ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig" vorgegangen wurde. Das Dachgeschoß wurde ausgebaut, wobei die bestehenden Kamine verlängert wurden. Ein angelernter Maurer - der nunmehr Angeklagte - mauerte dabei den Schornstein zur Wohnung der Eltern der 17-Jährigen aus und verschloss anschließend den Schacht mit einer Styroporplatte, um während des Aushärtens des Betons das Herabfallen von Betonresten in den Schacht zu verhindern. Das führte jedoch dazu, dass in der Wohnung die ordnungsgemäße Abgasführung der Gastherme blockiert wurde. Der Rückstau der Abgasluft emittierte zurück ins Badezimmer der Wohnung - die 17-Jährige bemerkte nicht, dass geruchloses Gas ausströmte, als sie sich dort erfrischen wollte.

"Gashahn hätte abgedreht werden müssen"

"Der Gashahn hätte in Koordination mit den Wiener Netzen abgedreht werden müssen. Diese Therme hätte während der Bauarbeiten nicht in Betrieb sein dürfen", machte der vom Gericht beigezogene Sachverständige für Maurerarbeiten, Paul Stadler, deutlich. In dem Haus waren offenbar die Bewohnerinnen und Bewohner nicht bzw. unzureichend in Kenntnis gesetzt worden, welcher potenziellen Gefahr sie durch die Arbeiten am Dach ausgesetzt waren. Gefährlich war es dem Experten zufolge auch, dass obendrein auch die Kamintüren geöffnet wurden und damit das Abgas am Dachboden ausströmen konnte.

Der Angeklagte bekannte sich "nicht schuldig" und machte geltend, er habe nur die Arbeiten ausgeführt, die ihm aufgetragen wurden. Der Mann war für die Firma seines Bruders als Aushilfskraft tätig, welcher wiederum als Sub-Unternehmer den Arbeitsauftrag von einer größeren Gesellschaft übernommen hatte. Dieser Auftrag sei "auf Handschlag" durchgeführt worden, "was heute nicht mehr üblich ist. Aber wenn ich wem vertrau, geht das", meinte der Bruder als Zeuge. Er habe dort "nichts auf Eigenregie gemacht". Nach seinem Dafürhalten wäre es Aufgabe des Bauleiters und des Statikers gewesen, die Sicherheit für die Hausbewohnerinnen und -bewohner zu gewährleisten und allenfalls eine Einstellung der Bauarbeiten zu verhängen.

Auf die Frage des Richters, ob der Angeklagte nachfragen und sich rückversichern hätte müssen, ob die Schornsteine außer Betrieb waren, ehe er mit dem Verschalen begann, meinte der Sachverständige im Hinblick auf dessen Ausbildung: "Als Hilfsarbeiter muss man davon ausgehen, dass er das nicht weiß." Zum nächsten Verhandlungstermin werden der Statiker, der Bauleiter und weitere Zeugen geladen. Die Verhandlung wird am 16. Oktober fortgesetzt.

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