Urteil nicht rechtskräftig
22 Monate Haft für Bekannten des Wien-Attentäters
11.04.2022Der Mann hatte im Internet mit Propaganda-Material für den "Islamischen Staat" gehandelt und war außerdem in radikalen Chatgruppen aktiv. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Wien. Ein 24-jähriger Zivildiener ist am Montag wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu 22 Monaten unbedingter Haft verurteilt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Mann hatte im Internet mit Propaganda-Material für den "Islamischen Staat" gehandelt und war außerdem in radikalen Chatgruppen aktiv. Brisant war die Verhandlung, da der Angeklagte mit dem späteren Attentäter von Wien in Kontakt stand.
Der Angeklagte zählt zu jenen zwölf Männern, die unmittelbar nach dem Terroranschlag in Wien vom 2. November 2020 festgenommen wurden. Hinweise auf einen konkreten Tatbeitrag des 24-Jährigen Zivildieners, der bei einem Wohnprojekt für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingesetzt war, konnten bisher nicht ermittelt werden. Allerdings stellte sich heraus, dass er in regem Kontakt zum Attentäter in Chatgruppen auf WhatsApp und Telegram stand. Außerdem traf er ihn auch persönlich in einer Moschee in Wien-Ottakring, die kurz nach dem Anschlag eine Zeit lang geschlossen wurde.
Nicht nur virtuell hatte der Angeklagte IS-Propaganda verbreitet, sondern gemeinsam mit seiner damaligen Partnerin übers Internet auch mit IS-Devotionalien gehandelt haben. Neben Kaffeetassen mitsamt Logo und Ringen mit dem Siegel des Propheten, das oft als Erkennungszeichen des IS verwendet wird, sowie Lesezeichen mit bewaffneten Kämpfern habe es für besonders gute Kunden auch noch "IS-Schokolade" gegeben, so die Staatsanwaltschaft. Propaganda verbreitet hat der Mann auch durch das Versenden von Sprechgesängen in deutsch bzw. arabisch.
Ein Jahr lang in Untersuchungshaft
Gleich zu Beginn der Schöffenverhandlung bekannte sich der Angeklagte, der sich bereits ein Jahr lang in Untersuchungshaft befunden hatte, zumindest bezüglich des Handels mit Propagandamaterial schuldig. Seine Rolle in den Chats, wo auch zum Jihad aufgerufen worden war und deren Administrator er war, spielte er hingegen herunter. Er habe darin nie selbst zum Jihad aufgerufen, beteuerte seine Verteidigung. Er habe wie ein Kind mit dem Feuer gespielt, was ihm heute Leid tue, sagte der Angeklagte selbst.
In den Chatgruppen seien einzelne IS-Sympathisanten am Werk gewesen, die allesamt wüssten, dass man es nichts eindeutig sagen dürfe und daher mit Andeutungen gearbeitet hätten, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. "Ich bin kein großer Freund der Generalprävention", meinte er außerdem, aber man müsse "ganz klar in diesem Milieu das Signal nach außen setzen", dass die Verbreitung derartiger Propaganda auch unbedingte Freiheitsstrafen nach sich ziehe.
Die Staatsanwaltschaft gab nach der Urteilsverkündung keine Erklärung ab. Der Angeklagte verzichtete auf Rechtsmittel. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.