Vom Überfall bis zum Mord: Tausende Verbrechen werden mit einem Messer begangen.
Zehn tödliche Gewaltverbrechen in nur 40 Tagen – das Jahr startet mit einem traurigen Rekord. Hochgerechnet kommt es bereits jeden 4. Tag zu einem Mord in Österreich. Dabei wurden sieben Opfer durch Messerstiche getötet. Nie zuvor scheinen Stich- und Hiebwaffen in Österreich so locker gesessen zu haben.
3.500 (!) Messer-Straftaten
Allein 2016 waren bei 3.500 Straftaten Messer im Spiel, von Drohungen und Überfällen bis hin zum Mord. Dies bedeutete einen Anstieg innerhalb von nur acht Jahren um 335 %.
Die Tendenz ist keineswegs gebrochen – im Gegenteil. 2017 wurden allein 29 Polizisten mit einem Messer angegriffen. Die Polizeiführung reagiert, denkt an eine schnelle Eingreiftruppe, um die Streifenpolizisten besser schützen zu können.
Vergangenes Jahr 1.000er-Marke geknackt
Die Zahl der ausgeführten Messerstechereien mit verletzten oder getöteten Opfern hat sich in den vergangenen zehn Jahren sogar vervierfacht. 2007 gab es landesweit noch 189 Blutdelikte mit einem Messer oder einer Hiebwaffe. 2017 waren es bereits 743 Messerstechereien (+293 %). Im vergangenen Jahr ist diese Zahl weiter explodiert und hat laut Polizei die 1.000er-Marke überschritten (die genauen Zahlen werden im Rahmen der Kriminalstatistik erst ausgewertet). Das heißt: Im Vergleich von 2007 und dem Jahr 2018 beträgt der Anstieg sogar mehr als 400 %!
Auch wenn die Gesamtkriminalität leicht sinkt, Attacken mit Messern bleiben das größte Kriminalitätsproblem. Experten sind sich einig, dass Messer viel zu leicht zugänglich sind (siehe Interview unten).
Hoher Ausländeranteil
Auffallend ist die Ausländerquote bei den Messerstechern im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Seit 2016 stachen 50 Afghanen zu, 16 Nordafrikaner, 14 Tschetschenen, 7 Iraker, Iraner und Türken und 5 Syrer.
Wienerin tötete Familien-Tyrann
Es ist das jüngste Gewaltverbrechen: In Wien-Liesing erstach eine 38-Jährige ihren zwei Jahre älteren Ehemann in der Küche mit einem 20 Zentimeter langen Messer. Das Opfer verblutete.
„Ich wollte ihn nicht töten“, sagte die zweifache Mutter in ihrer Einvernahme bei der Kripo. Doch der gewalttätige Ehemann, der die Familie seit Jahren tyrannisiert haben soll, ging wieder einmal auf seine Frau und die 18-jährige Tochter los. So, wie er es schon so oft getan hatte.
Die Frau stand beim Kochen, das Messer lag in Griffweite. Sie nahm es und stach es ihrem Ehemann in die Brust.
Ein klassischer Mord?
Oder doch ein Totschlag im Affekt in einer Notwehrsituation. Das werden die weiteren Ermittlungen zeigen. Die Mordverdächtige sitzt in Haft, macht sich dort vor allem Sorgen um die Tochter und den erst elfjährigen Sohn. Beide gehen noch zur Schule. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Gerichtspsychiaterin Sigrun Roßmanith: "Messer sofort parat, wenn eine Kränkung ausartet"
ÖSTERREICH: Wie erklären Sie sich den enormen Anstieg an Gewalt mit Messern?
Sigrun Roßmanith: Ein Messer liegt überall griffbereit. Inzwischen trägt ein großer Teil der Bevölkerung ein Messer mit sich, in dem Gefühl, sicher damit zu sein.
ÖSTERREICH: War das früher wirklich anders?
Roßmanith: Der Gebrauch der Messer ist selbstverständlicher geworden. In manchen Kulturen kommt es schon vor, dass Konflikte nicht über das Wort, sondern übers Messer ausgetragen werden – bei uns mittlerweile auch. Nicht nur in Beziehungen: Das Messer ist sofort parat, wenn eine Kränkung oder Wut ausartet.