Schon 50 Anzeigen im Skandal

Parksheriff packt aus: "Wir löschen täglich Strafen"

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In ÖSTERREICH spricht erstmals Wiener Parksheriff zum Skandal. 

Wien. Bettina S. hat mehr als ein Jahrzehnt bei den Parksheriffs in Wien gearbeitet. Angesichts des jüngsten Skandals packt sie jetzt in ÖSTERREICH aus.

"Es gab Befehl, bestimmte Parkstrafen zu stornieren"

Storno-Befehl. „Die volle Wahrheit über den Skandal ist, dass nicht die kleinen Parksheriffs allein die Schuld hatten. Es kam praktisch immer von oben der Befehl, bestimmte Parkstrafen einfach zu stornieren.“ Sie hatte sogar versucht, dagegen Widerstand zu leisten: „So etwas ging immer schlecht aus. Plötzlich stand ständig die Dienstaufsicht im Büro, man wurde in schlechtere Rayone versetzt, wo man weniger Strafzettel ausstellen konnte und so den notwendigen Schnitt an Strafzetteln, den es trotz aller Dementis natürlich gibt, nicht schaffte.“

"Freunde, Promis, Magistratsbeamte melden sich täglich"

Freunderlwirtschaft. Bettina S. hat dann irgendwann die Konsequenzen gezogen und kündigte. Das System der „Freunderlwirtschaft“ bei den Parksheriffs macht sie noch immer fertig: „Gute Freunde, wichtige Bekannte, Promis, Magistratsbeamte der höheren Etagen und auch befreundete Polizisten riefen fast täglich bei unseren Chefs an, damit wir im Computer die ausgestellten Strafzettel stornieren. In manchen Gassen haben wir gar nicht mehr aufgeschrieben, weil sofort ein Storno kam.“

(gaj)
 
Video zum Thema: Wiens Vizebürgermeister Nepp zum Parksheriff-Skandal

Politiker ließen Parkstreifen verschwinden

Die ÖSTERREICH-Exklusiv-Story über den Korruptions-Skandal um die „stornierten Parkstrafen“ in Wien weitet sich nun gewaltig aus. Fünf Beamte wurden schon entlassen, weitere 50 Fälle werden derzeit von den Behörden untersucht. Es geht um den Verdacht, dass Parksheriffs Strafen aus dem Computersystem gelöscht haben. 

Wahrscheinlich ist das aber nur die Spitze des Eisbergs: „Mir berichten Informanten aus dem Rathaus, dass es System hat, dass Spitzenbeamte des Rathauses und auch viele Politiker einfach anrufen und eine Stornierung ihres Parkzettels bestellen konnten“, erzählt Wiens FP-Vizebürgermeister Dominik Nepp jetzt im ÖSTERREICH-Gespräch.

Jetzt Sonderprüfung des Wiener Stadtrechnungshofs

Da er selbst aus Datenschutzgründen keine Einsicht in die Computer der MA 67 und der Polizei, die gemeinsam die Parksheriffs befehligen, nehmen kann, hat er jetzt eine Sonderprüfung des Stadtrechnungshofs beantragt.

Ermittlungen auch gegen einen SPÖ-Bezirksrat

„Mit den Stimmen der FPÖ wird diese Prüfung auch verpflichtend durchgehen. Ich will endlich wissen, wer da was gedreht hat“, so Nepp. Immerhin wird jetzt auch gegen einen SPÖ-Bezirksrat ermittelt, der hauptberuflich als Parksheriff tätig war. 

Wiener Parksheriffs stornierten eigene Strafen

Mehrere Mitarbeiter der Wiener Parkraumüberwachung (MA 67) sollen missbräuchlich eigene Parkstrafen beziehungsweise von anderen Betroffenen gelöscht haben. Bisher wurden zwei Personen entlassen und fünf weitere vom Dienst freigestellt, teilten Polizei und MA 67 am Mittwoch in einer Aussendung mit. Die Erhebungen sind noch nicht abgeschlossen, die Kontrollen aller Mitarbeiter wurden verstärkt.
 
"Es gibt noch weitere Ermittlungen", sagte Manfred Reinthaler, Vorstand des Büros für Öffentlichkeitsarbeit der Wiener Polizei. Die bisherige Zahl der Verdächtigen betreffe zwei Entlassungen in der Vorwoche und fünf Dienstfreistellungen vom heutigen Mittwoch. Die Ermittlungen laufen auf zwei Ebenen, "strafrechtlich durch das Amt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung sowie dienstrechtlich durch die MA 67", erläuterte Reinthaler.
 
Die verdächtigen Mitarbeiter waren nach Bekanntwerden eines "ersten Falls der missbräuchlichen Stornierung von Parkstrafen durch ein Organ der Parkraumüberwachung" ausgeforscht worden, hieß es in der gemeinsamen Aussendung. Nach Medienberichten war Mitte August eine hochrangige Personalvertreterin der Magistratsabteilung aufgeflogen, die seit Februar 2016 mehrere Parkvergehen von sich selbst und ihrer Tochter storniert haben soll.

Mögliche Absprachen sind Gegenstand von Ermittlungen

Ob die Mitarbeiter in Absprache gehandelt haben, ist laut Reinthaler "noch Gegenstand von Ermittlungen", ebenso die genaue Anzahl der grundlos stornierten Strafen. Auch die jeweiligen Zeiträume, in denen die Parksheriffs Strafzettel aus dem System gelöscht haben, müssen noch erhoben werden.
 
30 bis 50 Verdächtige werden des Amtsmissbrauchs beschuldigt. Jedem weiteren Verdachtsfall wird laut MA 67 und Polizei nachgegangen. Bei Personen, bei denen sich der Verdacht erhärtet, zieht die Stadt sofort dienstrechtliche Konsequenzen und veranlasst die sofortige Entlassung, wurde betont. Seit 2012 sind die Organe der Parkraumüberwachung (PÜG) der Polizei zugeteilt und stehen unter der Aufsicht der Polizei. Dienstrechtliche Konsequenzen werden jedoch von der Stadt gezogen.
 
Um solche Handlungen einzelner Kontrollorgane schneller feststellen zu können, soll laut der Aussendung ein automatisierter Kontrollmechanismus eingerichtet werden. Dazu gebe es nun Gespräche zwischen der MA 67 und der Landesverkehrsabteilung der Polizei.
 
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