2.500 Gegner demonstrierten friedlich
Akademikerball und Gegendemo ohne gröbere Zwischenfälle
24.02.2023Nach einer Corona-bedingten Pause ist am Freitagabend in der Wiener Hofburg wieder der freiheitliche Akademikerball über die Bühne gegangen.
Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) brachte einen Überraschungsgast mit - seinen "Freund", Baumeister Richard Lugner. Die traditionelle Gegendemo zum von Kritikern als internationales Vernetzungstreffen Rechtsextremer bezeichneten Ball verlief weitgehend friedlich.
Der Ball wurde in der Vergangenheit immer wieder von zum Teil heftigen Protesten begleitet. Insbesondere im Jahr 2014 kam es zu zahlreichen Sachbeschädigungen und auch zu einer erheblichen Anzahl an verletzten Demonstranten und Polizisten. In den Jahren danach beruhigte sich die Situation aber deutlich. Der Unmut der Demonstranten richtete sich stets vorwiegend gegen deutsch-nationale Burschenschafter, die bereits seit 1952 die Veranstaltung ausrichteten und prägten. Bis 2012 wurde die Veranstaltung vom Wiener Korporationsring (WKR) organisiert. Nach Differenzen mit der Wiener Hofburg übernahm die FPÖ Wien die Organisation, die ihn dann in "Akademikerball" umtaufte.
Hofer und Lugner seit 2016 befreundet
Dass der Ball heuer just am ersten Jahrestag des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine stattfand, hatte im Vorfeld für Kritik gesorgt. Hofer bedauerte dies bei seinem Eintreffen ebenfalls, bekräftigte aber, dass der Termin bereits vor dem Kriegsbeginn festgelegt worden sei. Für eine Überraschung sorgte, dass er mit dem Societylöwen Lugner an seiner Seite in die Hofburg einzog - die beiden seien seit ihrem Antreten bei der Bundespräsidentenwahl 2016 befreundet, erklärten sie vor Journalisten.
Nicht mit dabei war FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er befindet sich auf Wahlkampftour für die Kärntner Landtagswahl und sei außerdem "generell kein großer Ballgeher", hieß es aus der Partei im Vorfeld. Sonst waren durchaus zahlreiche aktive und ehemalige FPÖ-Politiker zu Gast - unter anderem FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker, FPÖ-"Urgestein" Andreas Mölzer oder FPÖ-Wien-Klubchef Maximilian Krauss. Auch Martin Sellner, Sprecher der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften "Identitären Bewegung", war dabei.
Medien hatten zum Akademikerball nur eingeschränkt Zugang - so war es etwa für die APA nur möglich, die Eröffnungsrede von Walter Rosenkranz zu filmen, andere Video-Aufnahmen waren nicht erlaubt.
Nepp: "Drinnen Patrioten, draußen Idioten"
Es sei "nur ein Ball", meinte Rosenkranz in seiner kurz gehaltenen Ansprache - aber: "Es ist unser Ball", nämlich der des Dritten Lagers. Deftiger legte seine Rede Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp an. "Hier tanzen Demokratie und Freiheit, draußen randalieren Extremismus und Kommunismus." In Richtung Journalisten sagte er - explizit zum Mitschreiben: "Drinnen die Patrioten, draußen die Idioten."
Gemeint waren damit die - laut Organisatoren rund 3.000, laut Polizei etwa 2.500 - Demonstranten, die sich am frühen Abend beim Sigmund-Freud-Park versammelt hatten und dann zum Morzinplatz gezogen sind. Organisiert von der Plattform "Offensive gegen Rechts" zog man unter dem Motto "Faschos aus der Hofburg schmeißen!" durch die Stadt. Auch der "Schwarze Block" beziehungsweise die "autonome Antifa" marschierte mit.
Die Polizei war mit rund 1.200 Beamten im Einsatz. Rund um die Hofburg wurde eine großräumige Sperrzone verhängt, um die beiden Gruppen voneinander abzuschirmen, wie die Polizei erklärte. Größere Ausschreitungen gab es laut Polizeisprecher Markus Dittrich keine. Es wurden lediglich ein paar kleinere pyrotechnische Gegenstände gezündet, was eigentlich verboten ist. Auch der Wiener Wirtschaftskammer waren bis zum Ende der Demonstration keine Schadensmeldungen bekannt.
"Wir freuen uns, dass auch nach den Corona-Pausen so viele Menschen gegen den Akademikerball auf die Straße gegangen sind. Damit zählen die Proteste gegen den Burschenschafterball zu den beständigsten Protesten in der Geschichte Österreichs", zog Käthe Lichter, Sprecherin der "Offensive gegen Rechts" in einer Aussendung am Freitagabend Bilanz.
Zeitgleiche Ukraine-Kundgebung
Etwa zeitgleich versammelten sich rund 8.000 Menschen vor dem Parlament, um gegen den Krieg in der Ukraine zu demonstrieren. Ukrainische Aktivisten kritisierten dabei die FPÖ für ihre pro-russische Haltung sowie für die Ausrichtung des Akademikerballs just am Jahrestag der russischen Invasion. Auch diese Kundgebung verlief laut Polizei weitgehend friedlich und ohne nennenswerte Zwischenfälle.
Spekulationen im Vorfeld, dass jene russische Delegation, die anlässlich der zeitgleich stattfindenden Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE nach Wien gekommen war, zum Akademikerball gehen könnte, haben sich nicht realisiert. Das Innenministerium bestätigte am Abend gegenüber der APA, dass die gesamte russische Delegation Österreich kurz nach 19.50 Uhr mit einem Linienflug verlassen habe.
Kritik an dem Ball und seinem Veranstaltungsort kam im Vorfeld von mehreren Seiten. Vom Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA: "Heute beschämen wieder verkleidete Kellernazis ganz Österreich."