Im Vorfeld der Solidaritätskundgebung sind Donnerstagabend drei Israelis in Wien, die Angehörige unter den von der Hamas als Geiseln genommenen Personen haben.
Alexandra Arayev, Eli Albag und Tal Yeshurun reisten nach Wien, um die Geschichten ihrer Verwandten - darunter auch ein Österreichisch-Israelischer Doppelstaatsbürger - zu erzählen, Unterstützung westlicher Staaten einzufordern und ihre zentrale Forderung zu untermauern: "Tut alles, um sie nach Hause zu bringen."
- Lichtermeer: Tausende heute gegen Juden-Hass
- JMW-Direktorin: "Es hätte ein Frühwarnsystem für Hass gebraucht!"
- 31 Österreicher aus Gazastreifen nach Ägypten evakuiert
Das "Hostages and Missing Families Forum" wurde nur Stunden nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober gegründet, um Familien dabei zu unterstützen, ihre Verwandten aus Gaza zurück nach Israel zu bringen. "Nach 26 Tagen weiß ich noch immer nichts von meiner Schwester", sagte die 24-jährige Alexandra Arayev im Gespräch mit der APA. Die 19-jährige Karina Arayev wurde am 7. Oktober von der Militärbasis Nahal Oz entführt.
Angehörige können nur eins tun
Als ihre Schwester ihr von Bombenangriffen in der Nähe des Gazastreifens am Telefon erzählte, habe sie das Ausmaß erst nicht realisiert, da "im Süden des Landes regelmäßig Bomben fallen." Terroristen seien in den Luftschutzbunker eingedrungen, in dem ihre Schwester Schutz gesucht hatte, sagte Arayev, die selbst in Jerusalem lebt. Über Politik oder Militärstrategien wollte sie nicht sprechen. "Die Geiseln sollten leben und sie sollten befreit werden. Aber wie verhandelt man mit Terroristen?" fragt sie. Das einzige was sie als Angehörige tun könne, sei "die Geschichte meiner Schwester zu erzählen, und um Hilfe zu bitten."
Angehörige israelischer Geiseln (v.l.n.r.) Alexandra Arayev, Tal Yeshurun und Eli Alibag
Im Pyjama von Hamas verschleppt
Aus dem Militärbunker verschleppt wurde auch die 18-jährige Liri Albag, die vor kurzem ihren verpflichtenden Militärdienst angetreten hatte. "Sie wurde in den frühen Morgenstunden noch im Schlafanzug von Hamas-Terroristen entführt", sagte ihr Vater Eli zur APA. In ihrer letzten Nachricht habe sie geschrieben "Auf uns wird geschossen." Nur wenige Stunden später habe er seine Tochter in einem Hamas-Propaganda-Video wiedererkannt.
Kritik am Roten Kreuz
Sowohl Eli Albag als auch Alexandra Arayev kritisierten mehrmals das Rote Kreuz. "Wir wollen Druck auf Sie ausüben, dass sie nach Gaza fahren, und sich um die Geiseln kümmern. Wir bekommen keine Antwort vom Roten Kreuz, auf gar nichts", so Arayev, die in dem Krieg eine humanitäre Krise sieht. "Es ist klar, dass jene, die am Leben sind, schwer verletzt sind. Es ist die Aufgabe des Roten Kreuz' sich um diese zu kümmern", betont auch Yuval Peretz, eine Sprecherin des "Hostages and Missing Families Forum". "Wir arbeiten alle Vollzeit und ehrenamtlich", so Peretz. Fast jeder in Israel betätige sich derzeit ehrenamtlich.
"Ich habe bisher kein Lebenszeichen"
Insgesamt sieben Verwandte von Tal Yeshurun befinden sich derzeit in Geiselhaft der Hamas, weitere vier wurden ermordet. Ob es in Wahrheit nicht mehr sind, weiß Yeshurun nicht. "Ich frage mich, ob jene, von denen ich glaube, dass sie Geiseln sind, in Wahrheit unter den 140 noch nicht identifizierten Leichen sind. Ich habe bisher kein Lebenszeichen von ihnen bekommen", sagt Yeshurun. Auch bei einem der ermordeten Verwandten habe er erst zwei Wochen nach dessen Tod davon erfahren. Unter jenen Familienmitgliedern, von denen Yeshurun nichts weiß, ist auch der Israelisch-Österreichische Doppelstaatsbürger Tal Shoham.
"Es ist Österreichs Verantwortung, ihn zurückzubringen", betont Peretz. Und weiter: "Es ist nicht nur unser Problem. Es ist nicht nur ein Verbrechen gegen Juden. Unter den Opfern sind auch Christen und Muslime. Es ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit."
"Hamas hat mit dem Islam nichts zu tun"
Bei dem Pressegespräch war auch Awi Blumenfeld anwesend, Institutsleiter für jüdische Religion an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems. Er organisiert seit Jahren Projekte um den jüdisch-muslimischen Dialog zu stärken, wie etwa eine Reise mit vorrangig muslimischen Religionslehrern und -Lehrerinnen nach Auschwitz im Mai. Auch jetzt sei er viel in Kontakt mit seinen muslimischen Kollegen und Kolleginnen. "Wir reden viel, aber es gibt keine Reibung. Uns geht es um die Sache. Und die Hamas hat mit dem Islam nichts zu tun", sagt er zur APA.