Die neue Ausgabe der Satire-Zeitschrift war schnell vergriffen.
Wie in anderen europäischen Städten scheint auch in Wien das Interesse an "Charlie Hebdo"-Heften groß zu sein. Bei der Buchhandlung Morawa auf der Wiener Wollzeile gab es im Vorfeld mehr als 500 Reservierungen, man habe zunächst jedoch nur 70 Exemplare erhalten, sagte Filialleiter Jürgen Müllner.
Es gebe viele An-und Nachfragen wegen des französischen Satiremagazins, und in der Zeitschriftenabteilung sei "Charlie Hebdo" im Moment "die Hauptsache". Schlangen hätten sich nicht gebildet, es sei eher ein ständiges Kommen und Gehen. "Die Schlange ist eher am Telefon", sagte Müllner. "Wir haben von andere Abteilungen Mitarbeiter in die Zeitschriftenabteilung umbesetzt, weil dauernd Anfragen sind."
Die rechten Frankreichs spielen sich als neue Freunde von "Charlie Hebdo" auf. Deswegen haben auch Marine Le Pen von der rechten Partei Front National und ihren rechtsextremen Vater Jean-Marie Le Pen ihren Platz im Heft. Statt "Ich bin Charlie" trägt Marine Le Pen "Ich bin begeistert", ihr Vater hält hoch: "Ich bin Charlie Martel". (Anmerkung: Karl Martell, wie er auf Deutsch genannt wird, hatte 732 in der Schlacht von Tours und Poitiers die einfallenden Araber abgewehrt.)
Ein Comic zeigt einen der beiden Attentäter, auf dem Sofa der Psychiaterin und Charlie-Redakteurin Elsa Cayat, die bei bei dem Anschlag ums Leben kam. "Ich habe geträumt, ich hätte 'Charlie Hebdo' umgebracht", sagt ihr vermummter Patient. Er beschreibt die Tat, doch die Psychiaterin hinterfragt ständig, was der Traum anderes bedeuten könnte. Sie fordert ihn auf, seine Alpträume zu Papier zu bringen. Er gibt ihr eine blutrünstige Zeitung. Sie konstatiert: "Ah ok. Sie zeichnen wirklich beschissen. So werden Sie es nicht morgen zu 'Charlie Hebdo' schaffen, das kann ich Ihnen versichern."
Drei Islamisten sitzen schlecht gelaunt beieinander. "Die Leute von 'Charlie Hebdo' dürfen wir nicht anrühren", sagt einer. "Sonst werden sie den Leuten als Märtyrer erscheinen und uns im Paradies die Jungfrauen wegschnappen."
Im Auslandsteil wird vom jüngsten Boko-Haram-Massaker in Nigeria berichtet. Zwei Dschihadisten frohlocken: "2000 potenzielle Charlie-Abonnenten weniger". Der Islamische Staat habe angekündigt, vier Millionen Frauen zwischen 11 und 46 Jahren genital verstümmeln zu wollen, lässt "Charlie Hebdo" IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi behaupten. "Auch dafür suchen wir ausländische Freiwillige."
"Erste Bilanz der Tage nach dem Anschlag" Links im Kasten: "Alle zusammen: Ich bin Charlie". Dazu singt die Menge die französische Nationalhymne. Darunter: Philippe, Katerine, Wer erinnert Euch ans Kiffen am nächsten Tag?. Rechts im Kasten: "Feste die Hände Herrn Manuel Valls schütteln".
Karikatur der Liebe: Zunächst links: Ich liebe Dich mein Schatz, schön dass Du lebst. Rechts daneben: Halbmast, Auch Libido auf Halbmst. Links unten: Madonna unterstütz "Charlie": "Ich stelle mein Höschen zur Verfügung". Und rechts im Kasten: Auch Angela Merkel: "Ich bin kein Träger eines Höschens".
Die Redaktion der Zeitung "Liberation" wird karikiert. Links: "Man kann bei der 'Liberation' rauchen. Charb, der ermordete Charlie-Hebdo-Chefredakteur": Lungenkrebs, Idiotenbande". Unten dann ein Redakteur: "Entschuldigung, Charb". Im Kasten links unten spricht Hollande: "Der französische Staat stellt eine Million Euro für "Charlie" zur Verfügung. Google hilft.
"Zu wenige" "Charlie Hebdo"-Hefte waren am Samstag auch bei der Buchhandlung Thalia in der Landstraßer Hauptstraße verfügbar. Man habe maximal 20 Exemplare bekommen, die "drei Minuten nach Geschäftsöffnung" weg gewesen seien, sagte Filialleiterin Michaela Bokon.
Auch auf dem Wiener Hauptbahnhof war das Interesse "sehr, sehr groß", wie Maria Bartl von "Press & Books" erzählte. Alle 30 Exemplare, die man bekommen habe, seien jedoch bereits vorreserviert gewesen. Mittlerweile gebe es eine neue Liste, auf der bis 10.00 Uhr Reservierungen von insgesamt 85 Stück vermerkt worden seien.