Nach dem Fund eines toten Babys in einem Abfallcontainer in der Kundratstraße unweit der Wiener Klinik Favoriten wurde Montag die U-Haft über die Mutter des Kindes verhängt. Ihre hoch engagierte Anwältin Astrid Wagner: "Es war eine schwerwiegende Ausnahmesituation. Sie hat ihren 'Engel' geliebt!"
Wien. Als Begründung für die Untersuchungshaft wurde Tatbegehungsgefahr angeführt. Die 30-Jährige machte dabei von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch. Zuvor war die Mutter bei der zweiten und dritten Einvernahme bei der Polizei vollumfassend geständig, so die Gerichtssprecherin Christina Salzborn. Dabei hatte die Frau in ihrer Einvernahme zum Motiv "familiäre Probleme" angegeben.
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Das Obduktionsergebnis ergab, dass das Neugeborene durch stumpfe Gewalteinwirkung starb und ein massives Schädelhirntrauma sowie mehrfache Knochenbrüche erlitten hatte. Das rund eine Woche alte Baby war am Donnerstag kurz vor Mittag aus der neonatologischen Station (Station für Frühgeborene, Anm.) des Spitals verschwunden. Eine Pflegerin hatte das bemerkt und Alarm geschlagen.
Postpartale Depression bzw. Psychose
Wie oe24 nach Recherchen in der Klinik und in der türkischen Community als erstes Medium am Sonntag aufdeckte, schien der Umstand, dass die 30-jährige Österreicherin mit türkischen Wurzeln unter Einfluss einer postpartalen Depression bzw. Psychose gehandelt haben könnte, zunächst nur an nachgeordneter zweiter Stelle zu stehen.
Vielmehr soll massiv Druck auf die junge Frau mit dem Tattoo am Hals ausgeübt worden sein: Sie war mit dem 28-jährigen türkischen Kindsvater nicht verheiratet - die Schwangerschaft ungeplant bzw. ungewollt und obendrein dramatisch verlaufen. Laut einer Informantin, die selbst am Mutter-Kind und OP-Zentrum in der Klinik Favoriten gelegen war, war die 30-Jährige im Zuge der Geburt wie sie Patientin auf der Abteilung für operative Intensivmedizin gewesen, ehe die Mutter des Frühchens mit der Kleinen auf die Neonatologie verlegt wurde. Dort sollte sie, wie kolportiert wird, möglicherweise schon am Donnerstag oder erst nach dem Wochenende mit ihrer Tochter nach Hause gehen können. Doch B.T. (Name der Redaktion bekannt) sollte diesen Schritt nicht schaffen bzw. sollen die Anfeindungen vor allem von Seiten der Eltern des Kindsvaters als auch von der eigenen Familie immer mehr zugenommen haben. Niemand wollte das Babymädchen mit dem Namen Melek (was übersetzt soviel wie Engel heißt).
Ermordetes Baby: Das sagt die Anwältin der Mutter
Auf oe24.TV sprach Star-Anwältin Astrid Wagner, die seit Montag die Mutter vertritt, über den Fall. "Mein Eindruck ist, dass es sich hier nicht nur um einen – also nicht nur, weil hier ein kleiner Mensch gestorben ist auf sehr tragische Weise – sehr tragischen Fall handelt, sondern die Gesamtumstände außerordentlich tragisch sind. Es ist offensichtlich so, dass meine Mandantin sich von der eigenen Familie – zumindest berichtet sie mir das so – im Stich gelassen gefühlt hat. Es war ein unerwünschtes Kind. Nichtsdestotrotz hat sie dieses Baby sehr geliebt." Wagner fragte ihre Mandantin, ob nicht Adoption eine Option war und die Mutter habe reflexartig geantwortet: 'Ich wollte mein Kind ja nicht hergeben. Ich habe ja meinen Engel geliebt'. "Sie hat einfach keinen Ausweg mehr gesehen", so Wagner.
"Es ist davon auszugehen, dass diese Frau unter einer schwerwiegenden psychischen Ausnahmesituation gelitten hat und erschwerend kam natürlich dazu, dass sie offensichtlich von der Familie im Stich gelassen worden war", so Wagner. Es dürften alle miteinander ziemlich zerstritten gewesen sein. "Es war nicht ein Umfeld der Liebe, in das dieses Kind da hineingeboren wurde." Ihre Mandantin ist in Österreich aufgewachsen und fühlt sich als Österreicherin, aber erzogen wurde sie halt anders - äußerst konservativ. Da hätte eine ledige Mutter keinen Platz.
Die Geburt dürfte eine äußerst schwierige gewesen sein, sagt Anwältin Astrid Wagner. Ihre Mandantin dürfte sich dem Vernehmen nach auch auf der Intensivstation befunden haben, so Wagner weiter. "All das ist natürlich ein klarer Hinweis, dass es sich hier um eine schwerwiegende psychische Ausnahmesituation gehandelt hat und diese Frau, wenn sie nicht diese Geburtspsychose gehabt hätte, so etwas nie gemacht hätte." Da dürfte es zu dieser Kurzschlussreaktion gekommen sein, so Wagner.
Das ganze Interview zu sehen im Video weiter oben.