Das am Dienstag gefallene Urteil gegen Ex-Burgschauspieler Florian Teichtmeister schlägt hohe Wellen und sorgt teils für heftige Reaktionen. Vor allem die FPÖ ist empört.
Zwei Jahre Haft und Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum, so lautet das Urteil des Schöffensenats unter Vorsitz von Richter Stefan Apostol gegen Florian Teichtmeister. Allerdings bekam der 43-Jährige sowohl die Haftstrafe als auch die Unterbringung im Maßnahmenvollzug unter Setzung einer fünfjährigen Probezeit bedingt nachgesehen.Teichtmeister verließ das Gefängnis damit trotz Schuldspruch als freier Mann.
- Urteil ist da: Teichtmeister muss nicht ins Gefängnis
- Teichtmeister darf trotz Bewährungsstrafe auf Urlaub fahren
- Teichtmeister bleibt auch Einweisung erspart
Während der gefallene Star mit dem Urteil laut eigener Aussage "zufrieden" war und es mit sämtlichen ihm auferlegten Weisungen annahm, gab es teils empörte Reaktionen – vor allem von der Freiheitlichen Partei.
"Nicht über Selbstjustiz wundern"
Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp fand auf X (Twitter) drastische Worte: "Wenn der Rechtsstaat so versagt, braucht man sich in Zukunft über Selbstjustiz nicht wundern", kommentierte er das Teichtmeister-Urteil.
Wenn der Rechtsstaat so versagt, braucht man sich in Zukunft über Selbstjustiz nicht wundern. #Teichtmeister
— Dominik Nepp (@DominikNepp) September 5, 2023
Der blaue EU-Abgeordnete Harald Vilimsky ortete gar "Kuscheljustiz": "Wenn Sie nicht wollen, dass Menschen wie Teichmeister am nächsten Tag als freier Mann am Spielplatz ihrer Kinder sitzen. Wählen Sie die Kuscheljustiz-Parteien ab", twitterte der FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament.
Wenn Sie nicht wollen, dass Menschen wie Teichmeister am nächsten Tag als freier Mann am Spielplatz ihrer Kinder sitzen. Wählen Sie die Kuscheljustiz-Parteien ab.
— Harald Vilimsky (@vilimsky) September 5, 2023
Als "Schande" bezeichnete der FPÖ-nahe Kommunikationsberater Heimo Lepuschitz das Strafmaß. "Ein Skandalurteil im Sinne der Generalprävention. Ein Freibrief für Kinderschänder", entrüstete sich Lepuschitz auf X und betonte, dass es in diesem Fall keine Bewährung geben dürfe.
Ein Skandalurteil im Sinne der Generalprävention. Ein Freibrief für Kinderschänder. Eine Schande. https://t.co/XqmqAJ79Hj
— Heimo Lepuschitz (@heimolepuschitz) September 5, 2023
Die steirische FPÖ nutzte den Ausgang des Teichtmeister-Prozesses für einen Angriff auf Justizministerin Alma Zadic (Grüne). "Ein Skandalurteil einer Kuscheljustiz unter einer grünen Justizministerin. Der Typ muss keinen Tag ins Gefängnis!", war auf dem X-Account der Landespartei zu lesen.
"Schwere Strafen sind ein Signal"
Auch FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan zeigte sich in einer Aussendung enttäuscht: "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist Mord an Kinderseelen. Es kann nicht sein, dass Täter bei solchen Delikten ohne Haft davonkommen. Das kann und darf es in Zukunft nicht mehr geben. Schwere Strafen für die Täter sind ein Signal und eine Botschaft an die Opfer, dass ihre Peiniger die volle Missachtung der Gesellschaft treffen." Die aktuellen Gesetze und die Konzepte der schwarz-grünen Regierung seien allerdings nicht geeignet, eine Trendumkehr einzuleiten.
Mediale Skandalisierung für Experten logisch
Für Medienexperten ist das gewaltige Aufsehen um den Prozess indes nicht verwunderlich. "Der Fall trägt alle wesentlichen Züge, die es für mediale Skandalisierung braucht", hielt Peter Winkler, stv. Fachbereichsleiter Kommunikationswissenschaft an der Paris Lodron Universität Salzburg, auf APA-Anfrage fest.
Fall Teichtmeister als Sittenbild
Da wäre der "tiefe Fall" eines ehemaligen Publikumslieblings, der ein hochgradig deviantes Verhalten, das konsensual als solches erachtet wird, aufweise. Zudem spiele die schiere Menge des sichergestellten Materials eine Rolle und die lange aufgestaute Erwartungshaltung vom ersten Verdacht bis zum Prozessbeginn, so Winkler. Verstärkend wirke noch die Polarisierung der öffentlichen Diskussion zum Thema - "Teichtmeister als Sittenbild eines nach außen selbstgerechten, nach innen dekadenten Kulturbetriebs" -, welche Boulevard wie Qualitätsmedien in Stellung bringe.
Causa wurde zu Politikum
Auch Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek konstatierte, dass Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Pädophilie "sehr emotionale Themen" seien, die die Gesellschaft bewegten. Zudem sei die Causa zu einem Politikum geworden. So reagierte die Regierung mit einem Maßnahmenpaket zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, das u.a. höhere Strafen für die Darstellung von Kindesmissbrauch vorsieht.