Nächste Eskalationsstufe im Krach um die Islam-Landkarte: ''Warntafeln'' tauchen auf.
Wien. Am Mittwoch war der erste „sichtbare“ Output des Streits um die umstrittene Islam-Landkarte des Integrationsministeriums im Wiener Straßenbild zu sehen. Vor mehreren Moscheen, darunter auch vor der – bekannt radikalen – Tewhid-Moschee in der Murlingengasse, wo sich auch der spätere vierfache Terror-Mörder Kujtim F. radikalisiert hatte, tauchten irritierende Warntafeln auf: Auf braunem Untergrund stand da zu lesen: „Achtung! Politischer Islam in deiner Nähe“. Die Karikatur eines bedrohlich dreinblickenden Imams erinnert manche BetrachterInnen durchaus an den Stil des „Stürmers“ – bei aller Unvergleichbarkeit des NS-Regimes mit der heutigen Islamismus-Debatte.
Sellners Taferl-Posting ist wie ein Geständnis
Chef der Rechtsextremen Identitären Martin Sellner teilte als einer der Ersten via Telegram intensiv die Bilder vom Aufhängen der Plakate – offenbar steckt seine rechtsextreme Truppe hinter der Aktion.
Universitätslektor Ali Rami fragte entsetzt auf Twitter: „Ist das dieser Dialog, den (Anm.: Integrationsministerin Susanne) Raab anstoßen wollte?“
Geheimpapier. Praktisch zeitgleich tauchte ein Dossier der Dokumentationsstelle Politischer Islam auf, das Milli Görüs, ATIB und die Grauen Wölfe als allesamt „vom Ausland gesteuert, antisemitisch und antiwestlich“ eingestellt beleuchtet. Allein Milli Görüs betreibt in Wien elf Moscheen, wo antisemitische Positionen vertreten werden – es gebe enge Verbindungen zur Muslimbruderschaft.
Die faschistischen Grauen Wölfe, wohl Hintermänner der Randale im Vorjahr in Favoriten, betreiben sieben Einrichtungen. Und der Erdoğan-Vorfeldverein ATIB habe hier sieben Moscheen.
Fast allen WienerInnen fällt wohl zu ihnen und den Identitären das Gleiche ein: „Schleichts euch!“
Integrationsministerin Raab verurteilt die Aktion
"Dass der legitime Kampf gegen den Politischen Islam von extremistischen Gruppierungen missbraucht wird, ist völlig inakzeptabel und klar zu verurteilen." Weder lasse man zu, dass rechtsextreme Gruppierungen den Kampf gegen den Islamismus missbrauchen, um ihr extremistisches Gedankengut zu befeuern, noch lasse man sich durch Drohungen von islamistischer Seite vom Weg abbringen, so Raab: "Wir müssen als Gesellschaft weiterhin gegen den Extremismus von allen Seiten konsequent vorgehen." Auch die Dokumentationsstelle Politischer Islam distanzierte sich dezidiert von der Vereinnahmung durch rechtsextreme Akteure.
IGGÖ: "Unwürdiges Kapitel der Islampolitik"
Die IGGÖ (Islamische Glaubensgemeinschaft Österreich) hingegen sah sich in ihrer Kritik an der Karte bestärkt. "Muslimische Einrichtungen befinden sich aufgrund der pauschalen Verurteilung und dem Schüren von Misstrauen in akuter Gefahr", so IGGÖ-Präsident Vural, der hinter der Aktion rechtsextreme Gruppierungen als Urheber ortet. Vural forderte die politischen Verantwortungsträger auf, diesem "unwürdigen Kapitel der Islampolitik" unverzüglich ein Ende zu setzen. Die "Islamlandkarte" schaffe keine Transparenz, sondern schüre Hass.