Psychisch krank
Installateur drohte Van der Bellen und Sobotka mit irren Gewaltfantasien
14.12.2023
Ein 26-Jähriger hatte auf seinem Instagram-Account und in mehreren E-Mails verstörende Gewalttaten gegen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) angekündigt. Gericht wurde ihm eine "anhaltende chronische wahnhafte Störung" attestiert.
Bis vor kurzem hat er in der österreichischen Kampfsport-Szene als einer der vielversprechendsten jungen Mixed Martial Arts (MMA)-Fighter gegolten, noch im Vorjahr hat er erfolgreich an Veranstaltungen - so genannten Fight Nights - teilgenommen. Am Donnerstag ist ein 26-jähriger Wiener vom Wiener Landesgericht zeitlich unbefristet in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen worden, nachdem er dem Bundespräsidenten und dem Nationalratspräsidenten bedroht hatte.
Ausschlaggebend für die Unterbringung im Maßnahmenvollzug waren die Feststellungen des psychiatrischen Sachverständigen Siegfried Schranz. Dieser bescheinigte dem 26-Jährigen eine unbehandelte Psychose, stufte ihn als zurechnungsunfähig ein und sprach sich für die Einweisung aus, da von dem Mann ein nicht unbeträchtliches Risiko ausgehe, zumal dieser krankheitsuneinsichtig sei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Verteidiger Andreas Strobl erbat Bedenkzeit.
Mail an Sobotka: "Ich habe sie gewarnt"
Der 26-Jährige hatte am 28. August 2023 auf seinem Instagram-Account angekündigt, er werde am "Tag der Gerechtigkeit" dem Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen Gewalt antun, wobei er seine Fantasien konkretisierte und sehr deutlich machte. Am 17. September richtete der Mittzwanziger dann mehrere E-Mails ans Parlament, wobei sich seine Gewaltvorstellungen gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) richteten. "Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates. Retten Sie einen Teil Ihrer Familie. Ich habe sie gewarnt", hieß es beispielsweise.
Brennenden Container vor Parlament platziert
Nachdem der 26-Jährige die Mails mit seinem vollständigen Namen abgeschickt hatte, wurde er mit einem Hausverbot belegt. Und die Staatsanwaltschaft Wien leitete ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Drohung ein, im Zuge dessen sich herausstellte, dass der Mann einige Zeit vor seinen schriftlichen Drohungen einen brennenden Altpapiercontainer vor eine Seitentür des Parlaments geschoben hatte.
Er wurde daraufhin wegen Tatbegehungsgefahr in U-Haft genommen, und da der Mann in seiner Beschuldigteneinvernahme irritierende Angaben machte, ließ die Anklagebehörde ein psychiatrisches Gutachten zur Klärung der Zurechnungsfähigkeit einholen.
Gutachter: "Chronische wahnhafte Störung"
Der beigezogene Sachverständige Schranz kam dabei zum Schluss, dass bei dem Kampfsportler eine unbehandelte Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und damit eine schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung vorliegt. Das bekräftigte der Gutachter auch in der Verhandlung: "Es ist ganz eindeutig eine anhaltende chronische wahnhafte Störung." Er habe "gehofft, dass in der Justizanstalt etwas geschehen wird, dass es sich bessern wird", sagte Schranz. Der 26-Jährige lehne aber jegliche Behandlung ab, verweigere die Einnahme von Medikamenten und habe sich auch nicht auf die forensisch-therapeutische Station der JA Josefstadt verlegen lassen.
"Bin nicht krank": Mann tischt absurde Geschichte auf
Die Frage des vorsitzenden Richters, ob er krank sei, verneinte der 26-Jährige entschieden. Tabletten kämen für ihn nicht in Frage: "Ich möchte das nicht. Ich bin nicht krank." Und dann erzählte der Kampfsportler, der überaus höflich auftrat und sich gewählt ausdrückte, ihm sei es mit seinem Posting bzw. den E-Mails darum gegangen, auf seinen "Fall" aufmerksam zu machen.
Er habe einen Sohn, der nicht als sein leiblicher Sohn anerkannt werde, und dieser sei zwei Mal entführt worden, gab der 26-Jährige zu Protokoll. Er habe weiters wegen einer Sportverletzung ein Spital aufgesucht und sich ein Cut an der Stirn nähen lassen. Dabei habe man ihm "Blut aus dem Kopf genommen" und daraus Medikamente herstellen wollen, "weil mein Blut stark ist", mutmaßte der Mittzwanziger. In diesem Zusammenhang schaltete sich der psychiatrische Sachverständige ein und ergänzte, der Mann gehe außerdem davon aus, man habe sein Essen vergiftet, um ihn krebskrank zu machen.
"Ich hatte nicht die Absicht, das, was ich geschrieben habe, durchzubringen. Es war nur, um Aufmerksamkeit zu erzeugen für das, was da passiert", betonte der 26-Jährige. Er gehe davon aus, dass sowohl Van der Bellen als auch Sobotka "meinen Fall kannten". Er sei überzeugt, "dass das aufgeklärt werden muss, aber die Nächsten machen einfach weiter. Das geht einfach nicht."
Keine Gefahr von Kampfsportler?
Verteidiger Strobl betonte, sein Mandant sei "ein friedlicher Mensch" und noch nie strafrechtlich verurteilt worden. Der 26-Jährige habe immer gearbeitet und es in seinem Beruf - der Mann ist gelernter Installateur - in einem renommierten Großbetrieb bis zum Monteur gebracht. Von ihm gehe sicher keine Gefahr aus, bekräftigte Strobl: "Er ist ein wirklich ausgezeichneter Kampfsportler. Er hätte das Potenzial, mehrere Leute niederzuhauen. Aber er hat das nie getan."
Dessen ungeachtet wurde der 26-Jährige am Ende in den Maßnahmenvollzug eingewiesen, wobei als Anlasstat ausschließlich die Drohung in Richtung Sobotka gewertet wurde. Der Instagram-Account des 26-Jährigen hat knapp 800 Follower, der Schöffensenat (Vorsitz: Harald Craigher) ging daher nicht davon aus, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen überhaupt von der gegen ihn gerichteten Drohung erfahren hat.
Große Gefahr massiver Straftaten
Ausschlaggebend für die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum war die Gefährlichkeitsprognose des psychiatrischen Sachverständigen. Demnach ist die psychische Störung des 26-Jährigen derart massiv, dass diese in Verbindung mit dessen Krankheitsuneinsichtigkeit in absehbarer Zukunft Straftaten mit schweren Folgen - schwere Körperverletzungen, Brandstiftungen oder das Umsetzen von Drohungen - befürchten lässt, falls der Mann nicht behandelt wird.
Zumindest am Papier ist die therapeutische und medikamentöse Versorgung des 26-Jährigen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum gewährleistet. In zwangsweiser Anhaltung müsste der Kampfsportler so lange bleiben, bis Expertinnen oder Experten zum Schluss kommen, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht.