Interview im Syrien-Camp

IS-Braut: "Ich will heim nach Österreich"

16.11.2019

Die österreichische Ehefrau eines afghanischen IS-Kämpfers will zurück nach Wien.

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© Gerhard Tuschla
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Camp Roj“, eines von drei Haftlagern für IS-Frauen in Nordsyrien. Die Grenze zur Türkei ist in Sichtweite – noch aber steht dieser Teil Syriens unter kurdischer Selbstverwaltung. 1.400 IS-Kämpferinnen aus 48 Ländern sind in dem Camp inhaftiert. Frauen, deren Männer sich den IS-Killern angeschlossen haben. So auch die 20-jährige Anita (Name geändert). Die Österreicherin will nicht mit ihrem Namen identifiziert wer­den, auch möchte sie kein Foto ohne Ganzkörperschleier.

 

 

Heimlich reiste sie allein zu ihrem IS-Geliebten

Am Ende. Mit 15 Jahren gab sie ihre gut behütete Kindheit in einem kleinen Dorf nahe Wien auf. Heimlich folgte sie ihrer ersten großen Liebe: einem afghanischen Asylwerber und IS-Fanatiker, der von Österreich aus in den Krieg nach Syrien zog. Sie reiste ihm nach. Via Türkei nach Rakka in Syrien, damals IS-Hauptstadt. Dort heirateten die beiden.

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In diesem Camp sitzt die Österreicherin.

Jetzt sitzt eine zarte, 20-jährige Frau vor mir. Seit zwei Jahren ist sie im kurdischen „Camp Roj“ inhaftiert. Ihr Sohn wurde hier geboren. Sie flüchtete schwanger vor den IS-Schergen, noch bevor diese heuer vernichtend von kurdischen Einheiten geschlagen wurden. Ihr Mann wurde ebenfalls von den Kurden verhaftet und nach Bagdad abgeschoben. Dort wartet er auf sein Gerichtsverfahren.

"Ich weiß, dass ich daheim vor Gericht gestellt werde"

IS-Killer. „Ich könnte diese Ideologie und den Genozid an den Jesiden nicht mehr mittragen“, so Anita mit heller und klarer Stimme: „Kein österreichischer Diplomat hat sich bis heute um mich gekümmert.“ Und: „Ich möchte zurück nach Österreich, schon alleine wegen meines Sohnes. Der kennt doch nur das Lager. Ich möchte ihn seiner Oma vorstellen. Er soll einen Kindergarten besuchen und ein normales Leben führen.“

Anita spricht weiter: „Ich habe doch keine Verbrechen begangen. Wir durften als IS-Frauen das Haus ja gar nicht verlassen“, beteuert sie. Von den Köpfungen und Massenvergewaltigungen habe sie nichts mitbekommen: „Ich wusste nichts von den Grausamkeiten, die der IS begangen hat.“ Zurück in Österreich wolle sie sich vor Gericht ihrer Verantwortung stellen: „Ich weiß, dass ich vor Gericht gestellt werde, sollte ich jemals nach Österreich überstellt werden. Ich mache das auch für meinen Sohn – damit er ein anderes Leben führen kann.“

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Zwei IS-Frauen und ihre drei Kinder wollen heim

Die Wienerin Sabina S. hat sich im April 2014 dem IS angeschlossen. Sie war damals erst 15 Jahre alt und folgte mit ihrer Freundin Samra K. ihren tschetschenischen Freunden nach Syrien. Das Schicksal der Mädchen sorgte weltweit für Schlagzeilen.

Im Kampf um die Stadt Baghuz wurde Sabina S. vermutlich getötet. Bestätigung dafür gibt es keine. Fakt hingegen ist: Die beiden Buben der Wienerin (3 und 1) wurden inzwischen von den Großeltern abgeholt und heim nach Wien gebracht. Außenamtssprecher Peter Guschelbauer: „Derzeit sitzen noch zwei Österreicherinnen, deren drei Kinder sowie ein Österreicher in kurdischer Haft.“ Er könne aber nicht ausschließen, dass es noch weitere österreichische Staatsbürger vor Ort gibt. Zuletzt war von 20 Kindern mit Österreichbezug die Rede.

 

Gerhard Tuschla ist freier Journalist in Wien.

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