Mit einem Knalleffekt endete am Montag der Prozess gegen einen angeblichen Juwelier-Räuber.
Die in ÖSTERREICH angekündigte Überraschung fand statt: Am Montag wurde am Landesgericht in Wien ein junger Tschetschene freigesprochen, der seit November in U-Haft saß. Der äußerst dürftigen wie wackeligen Anklage der Staatsanwaltschaft zufolge soll Ex-Discotürsteher Muhammed G. am 30. Dezember 2013 in der Spiegelgasse, ums Eck vom Stephansdom, den Juwelier Igal Z. überfallen und ihm Diamanten um 700.000 Euro sowie 8.000 Euro in bar geraubt haben. Doch der bullige Zuwanderer beteuerte von Anfang an: Das Ganze war ein Fake!
Mit Taxi zum Tatort – keine Beute in Aktentasche
Demnach war der Coup auf den Innenstadt-Juwelier laut Angaben des von Anwalt Nikolaus Rast hervorragend vertretenen Zuwanderers vom Opfer fingiert und der „Täter“ über einen Mittelsmann gleichsam bestellt gewesen. Das Pech des Preziosenhändlers: Die beauftragten Gangster waren kleinkriminelle Stümper.
So fuhr Muhammed G., der an jenem Tag schwer auf Crystal Meth war, mit dem Taxi zum Tatort, wo der Juwelier wie vereinbart mit einer Aktentasche vorbeispazierte. Dort „entriss“ er Igal Z. die Aktentasche, ohne auf Gegenwehr zu stoßen und fuhr seelenruhig wieder mit dem Taxi weg. Auf dem Weg nach Hause warf der Tschetschene die im Übrigen völlig leere Juweliertasche in einen Mistkübel. Für den Coup, bei dem der Verdacht auf schweren Versicherungsbetrug besteht, kassierte Muhammed G. 2.000 Euro, die in wenigen Tagen aufgebraucht waren.
Der Richter schenkte dessen Angaben mehr Glauben als denen des angeblichen Überfallopfers („Nur ein Hellseher hätte den Coup ohne Tipp und Mithilfe des Opfers ausführen können“) und sprach den Angeklagten im Zweifel frei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. G. wurde aus der U-Haft entlassen.
Roland Kopt
"Überfall-Opfer" drohen jetzt bis zu 10 Jahre Haft
Der Juwelier soll eine falsche Personenbeschreibung abgeliefert, die Polizei erst nach Minuten informiert haben – und eine Waffe war laut Angaben des gedungenen Täters auch nicht im Spiel. Wenn die Polizei demnächst einen Ermittlungsauftrag von der Staatsanwaltschaft gegen Juwelier Igal Z. bekommt, hat dieser jede Menge Erklärungsnotstand.
Immerhin geht es bei dem „abgekarteten Spiel“ (so Anwalt Niki Rast) um schweren Betrug, für den bis zu 10 Jahre Haft drohen. Auch der Mittelsmann, der Muhammed G. beauftragt haben soll, muss Fragen beantworten. Die Versicherung hat die eingereichten 700.000 Euro Schaden bis heute nicht bezahlt. Für Igal Z. und alle anderen gilt die Unschuldsvermutung.