Die Gerüchte um bauliche Missstände im KH Nord nahmen Überhand – Eine Anfrage durch ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec bei Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) brachte ein erschreckendes Ergebnis.
Wien. Aufgrund der regelrechten Odysse, die den Bau des Krankenhauses Nord – mit all den Berichten über Feuchtigkeit, Schimmelbefall und Rissen im Mauerwerk – kennzeichnete, stellte ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec in der Causa eine Anfrage an Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) – das Ergebnis: Alleine dieses Jahr soll es bereits 37 Wasserschäden im modernsten Spital Österreichs gegeben haben. „Der Dauerpatient KH Nord muss endlich gesunden. Stadtrat Hacker ist aufgefordert, diese Fehler schonungslos zu analysieren und das Bauprojekt doch noch zu einem guten Ende zu führen", so die Gesundheitssprecherin der neuen Volkspartei Wien, Ingrid Korosec.
"In Summe gab es im Jahr 2019 bis zum 12. August 37 Wasserschäden. Seit der Aufnahme des klinischen Betriebs am 1. Juni 2019 wurden neun Wasserschäden verzeichnet", so Korosec. So ganz spurlos konnten die entstandenen Nässeschäden jedoch nicht entfernt werden: speziell in der Pathologie und in der Milchküche des Krankenhauses soll es Fälle von Schimmelspuren geben.
Die Rechercheplattform „Addendum“ macht auf weitere grobe Probleme aufmerksam: Unklarheiten betreffend das Ortho-Trauma-Zentrum, gesperrte Operationssäle aufgrund des Personalmangels und fehlender Mitarbeiter-Schulungen sowie Mängel auf der Kinder-und Jugendpsychiatrie, auch weil dort vor Jahren Ausbildungsplätze gestrichen wurden. Selbst durch das gezielte Abwerben aus anderen Häusern kann man die Mängel offenbar nicht in den Griff bekommen.
„Alleine die Informationen der letzten Tage zeigen, dass das Wiener Gesundheitssystem chronisch krank ist. Die Zeit des Gesundbetens muss endlich vorbei sein. Zahlreiche Maßnahmen, die laut SPÖ der Entwicklung des Wiener Gesundheitssystems dienen, sind aber zum Teil gar nicht im Budget eingerechnet. Die zahlreichen und sehr unterschiedlichen Baustellen im Wiener Gesundheitssystem können nur durch einen Gesundheits- und Pflegegipfel unter Einbeziehung der Opposition gelöst werden“, so Korosec abschließend.
Betrieb voll angelaufen – Angst vor Personalmangel?
"In diesen Tagen wurde in einigen Medien berichtet, dass aufgrund von Personalmangel am Krankenhaus Nord Notfall-PatientInnen nicht behandelt werden könnten. Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage und muss daher richtiggestellt werden", heißt es in einer Presseaussendung des KH Nord. „Im KH Nord arbeiten über 1.000 Pflegepersonen. Mit Stand 1.11. 2019 ist der Pflegebereich im KH Nord bis auf 14 Dienstposten voll besetzt. Auch diese vakanten Stellen werden noch im Laufe des Monats besetzt. Daher ist selbstverständlich auch der Krankenhausbetrieb in allen Bereichen gesichert", unterstreicht der Pflegedirektor des KH-Nord Jochen Haidvogel.
Derzeit noch 20 Ärzte gesucht
"Im ärztlichen Bereich sind mit heutigem Stand noch Dienstposten im Ausmaß von 20 Vollzeit-Äquivalenten zu besetzen. Die Aufnahmeverfahren laufen auf Hochtouren, sodass davon auszugehen ist, dass auch diese bis zum Ende des Jahres besetzt werden können", gab ein Sprecher des KH Nord bekannt.
„Auch die Behauptung, es würden Pflegekräfte in Scharen das KH Nord verlassen, ist schlicht falsch und empört mich“, sagt Jochen Haidvogel. „Angesichts der aktuellen Berichterstattung, die offenbar Tatsachen einfach nicht zur Kenntnis nehmen will, ist es fast schon erstaunlich, dass wir unsere offenen Positionen sehr wohl besetzen können“, so der Pflegedirektor.
Patienten verunsichert
"Besonders schlimm sei die Verunsicherung der Patientinnen und Patienten, die dadurch entsteht. „Selbstverständlich wird jede Patientin und jeder Patient, die oder der als medizinischer Notfall zu uns kommt, auch bei uns erstversorgt. Wenn nach der Erstversorgung ein operativer Eingriff in unserem Partnerspital SMZ Ost durchgeführt wird, dann deshalb, weil beide Häuser ihre fachlichen Spezialisierungen haben. Damit erhält jede Patientin und jeder Patient die beste medizinische Leistung“, schloss Haidvogel.
Nach KH Nord: Wiens Spitäler brauchen fast 6 Milliarden Euro
Schon Ex-Bürgermeister Michael Häupl war immer klar: „Nach dem KH Nord ist vor dem AKH.“ Im kleinen Kreis hat der Langzeit-Stadtchef immer wieder betont, dass spätestens bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts das riesige Allgemeine Krankenhaus ein Sanierungsfall sein wird – und weil es physikalisch gar nicht möglich sei, die Stahlträger abzutragen, muss das Monster-Spital drum herum völlig neu aufgebaut werden.
Die Kostenrechnung. Insider schätzen, dass da mehr als drei Milliarden Euro auf die Stadt zukommen. Dazu rechnet ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec mit mindestens 2,7 Milliarden Euro Kosten für die Generalsanierung fast aller KAV-Spitäler, die im nächsten Jahrzehnt anfallen. Allen voran das Wilhelminenspital, das laut Wolfgang Weismüller von der Wiener Ärztekammer den größten Sanierungsbedarf aller Krankenhäuser hat.
„Die Fehler aus der Ära Sonja Wehsely und Renate Brauner machen sich im Wiener Gesundheitssystem nun immer deutlicher bemerkbar. Stadtrat Peter Hacker trägt durch sein intransparentes Verhalten und weiterhin fehlende Lösungen allerdings jetzt die Verantwortung für die Situation. Wien braucht ein neues Spitalskonzept“, sagt Korosec. J. Galley