Nach Blockade am Margaretengürtel
Klima-Kleber kritisieren ''brutales Vorgehen'' der Polizei
16.02.2023Die Klima-Aktivisten der "Letzten Generaion" zeigen sich von der Polizei "enttäuscht".
Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzten Generation" haben am Donnerstagfrüh den Verkehr auf der Linken Wienzeile auf Höhe der Margaretengürtelbrücke und beim Sechshauser Gürtel in Wien-Margareten blockiert. Kurze Zeit später schritt die Polizei mit einem Großaufgebot ein. Die Aktivisten kritisierten das Vorgehen der Polizei. "Ich bin bestürzt, dass die Polizei heute sämtliche Regeln missachtet hat", sagte Aktivistin Katharina Geistlinger zur APA.
Rund ein Dutzend Mitglieder der Klimaschutz-Gruppe ging am Donnerstag gegen 8.00 Uhr für das Klima auf die Straße. Beim Sechshauser Gürtel und beim Margaretengürtel an der Einmündung in die Linke Wienzeile blockierten die Aktivisten den Verkehr, indem sie sich teils mit einer Hand auf die Zebrastreifen klebten. Am Margaretengürtel folgte ein über mehrere Minuten andauerndes Hupkonzert. Die Polizei rückte dort mit einem Großaufgebot an. "Der Kleber war schon hart. Sie haben mich von der Straße runtergezerrt, ohne die Versammlung vorher aufzulösen", sagte Geistlinger. "Man hat uns nicht Zeit gegeben, die Versammlung zu verlassen", fuhr sie fort.
Festgeklebte Personen entfernt
Videos der "Letzten Generation" zeigen Beamten, die Geistlinger von einem Schutzweg hinunterreißen. Nach einem Schmerzensschrei lassen die Polizisten auf den Videoaufnahmen von der 38-Jährigen ab. Geistlinger zeigte nach dem Einsatz ihre Hand, an der sich Rückstände des Fahrbahnbelags befanden und berichtete auch von einem weiteren Fall. So hätte die Polizei auch einen weiteren Mann vom Schutzweg entfernt, ohne den Klebstoff vorher zu lösen.
"Wir sind enttäuscht von der Polizei. Bisher haben sich die Beamten an die Regeln gehalten, dieses Mal nicht", betonte Sprecher Florian Wagner in einer offiziellen Stellungnahme gegenüber der APA. Das sei "nicht okay". Nachsatz: "Aber das wird uns nicht aufhalten."
Gegen 8.45 Uhr waren die Proteste an den beiden Standorten laut Polizei wieder zu Ende. "Alle Personen, die sich in der strafbaren Handlung befanden, wurden festgenommen", sagte Sprecherin Barbara Gass. Auf die Vorwürfe der "Letzten Generation" ging die Landespolizeidirektion am Vormittag noch nicht ein. Man wolle die Anschuldigungen zuerst prüfen, hieß es.
Stau im Frühverkehr
Laut ÖAMTC kam es vor allem zwischen der Stadthalle und dem Matzleinsdorfer Platz sowie der Linken Wienzeile zu Beeinträchtigungen des Verkehrs. Laut den Verkehrsexperten war der Stau am Gürtel zeitweise rund vier Kilometer lang.
Die Protestierenden fordern die Bundesregierung seit längerer Zeit auf, "der Wissenschaft endlich zuzuhören - und in der Klimakrise wenigstens die billigsten, einfachsten Schutzmaßnahmen umzusetzen: ein Verbot neuer Öl- und Gasbohrungen, und Tempo 100 auf der Autobahn". Eine Umstellung auf erneuerbare Energien und Öffis benötige Zeit, "die wir nicht haben", argumentieren die Aktivisten mit einem Verweis auf die EU. Auch diese empfehle eine Temporeduktion auf Autobahnen.
Der im Vorjahr veröffentlichte jüngste Bericht des Weltklimarats IPCC warnte erneut vor den "roten Ampeln" der bereits gegenwärtig wirkenden Klimakrise. Ein Überschreiten drohe die Erde in Zukunft zu einem für Menschen unbewohnbaren Planeten zu verwandeln. Österreich stößt pro Kopf laut unterschiedlichen Berechnungen überdurchschnittlich viele Treibhausgase aus und liegt deutlich über dem Schnitt der Weltbevölkerung.
Der ÖAMTC ließ am Donnerstag auch mit einer Forderung nach einer Volksbefragung aufhorchen. "Wir können uns gut vorstellen, die Österreicherinnen und Österreicher zu befragen, ob sie eine weitere Einschränkung der gesetzlichen Höchstgeschwindigkeit befürworten oder nicht. Denn nur wenn niedrigere Tempolimits von der Mehrheit mitgetragen werden, machen sie Sinn. Schließlich können nicht hunderttausende Kilometer Straße permanent von der Polizei überwacht werden," so Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC Interessenvertretung in einer Aussendung.