Erste Zeugen befragt

Leonie-Prozess: Angeklagter verkaufte 200 Ecstasy-Tabletten

30.09.2022

Am vierten Prozesstag rund um den Tod einer 13-jährigen Niederösterreicherin sind am Freitag die ersten Zeugen befragt worden.  

Zur Vollversion des Artikels
© TZOe Fuhrich
Zur Vollversion des Artikels

Darunter war jener Mann, der in dem Fall zunächst als vierter Verdächtiger geführt wurde. Der Afghane hatte im Vorfeld einem der Angeklagten 200 Ecstasy-Tabletten überreicht. Dem Mädchen sollen laut Anklage sieben Tabletten aufgelöst in einem Getränk verabreicht worden sein.

"So etwas habe ich nie gesagt" 

Für die Weitergabe der synthetischen Drogen sowie dem Verkauf von 1.300 Gramm Kokain und sieben Kilogramm Cannabis wurde er vor einem Jahr zu drei Jahren Haft verurteilt und sitzt diese derzeit ab. Er relativierte bei der Befragung durch Richterin Anna Marchart nun seine Aussage vor der Polizei kurz nach seiner Festnahme im Sommer 2021. Damals gab er noch an, dass ihn der 23-jährige Erstangeklagte in der Nacht, als die 13-Jährige starb, angerufen habe und gefragt habe, was er tun soll. Bei ihm sei ein Mädchen, dem es sehr schlecht ginge. Der 23-Jährige sei am Telefon sehr aufgeregt und nervös gewesen und habe gemeint, dass er der 13-Jährigen sechs Ecstasy-Tabletten gegeben habe und sie nur noch da sitzt, nichts redet und ihr Herz nicht mehr klopft. "So etwas habe ich nie gesagt", meinte er nun plötzlich. "Ich habe so etwas bei der Polizei nicht angegeben." Ihm sei es nach der Festnahme nicht gut gegangen, er habe wenig geschlafen und war berauscht.

Daraufhin beantragte der Anwalt der Angehörigen, Florian Höllwarth, die damals vernehmenden Polizisten als Zeugen zum Prozess zu laden. Dem schlossen sich die Staatsanwälte und der zweite Privatbeteiligtenvertreter, Johannes Öhlböck, sowie der Anwalt des Drittangeklagten, Sebastian Lesigang, an, wobei auch die Dolmetscherin als Zeugin geladen werden soll. Über den Beweisantrag wurde noch nicht entschieden.

"Ich war normal"

Obwohl die beiden laut seiner Aussage bei der Polizei über "die schlechten Tabletten" gesprochen haben, milderte er diese Aussage nun wieder ab. "Von den Tabletten habe ich schon früher welche genommen. Ich habe auch schon in einer Nacht 15 Tabletten genommen", behauptete er. "Und wie ist es Ihnen gegangen?", wollte Beisitzer Wolfgang Etl wissen. "Ich war normal", meinte er.

Die 13-Jährige, die mit den Männern in die Wohnung mitging, unter Drogen gesetzt und missbraucht worden sein soll, wurde am 26. Juni 2021 zuerst von einer Frau auf einem Grünstreifen in Wien-Donaustadt leblos aufgefunden, die nun ebenfalls vor Gericht aussagte. Die Pflegeassistentin war gerade am Weg zur Arbeit und leistete Erste Hilfe. Sie beobachtete zwei Männer bei dem Mädchen, das Baum angelehnt war. Die Frau bemerkte, dass die 13-Jährige keine Vitalfunktionen mehr hatte, begann dennoch mit der Reanimation. Einer der Männer sprach gerade mit der Rettung am Telefon, hielt aber der Ersthelferin das Handy plötzlich hin. "Einer hat gesagt, er kennt sie (die 13-Jährige, Anm.) nicht", so die Zeugin. Der zweite Mann verschwand plötzlich, als die Polizei eintraf.

Seit Dienstag müssen sich drei junge Männer afghanischer Abstammung im Alter zwischen 19 und 23 Jahren sich vor einem Schwurgericht verantworten. Ihnen wird Vergewaltigung mit Todesfolge und schwerer sexueller Missbrauch vorgeworfen. Für den ältesten Angeklagten, der im Tatzeitraum über 21 und somit erwachsen war, geht es im Fall eines Schuldspruchs um zehn bis 20 Jahre oder lebenslang. Die beiden anderen müssten mit bis zu 20 Jahren rechnen.

Die Angeklagten bekannten sich zwar teilweise schuldig, gaben sich aber bisher gegenseitig die Schuld. Sie gaben zwar an, dass sie nicht wussten, dass das Mädchen erst 13 Jahre alt war, sie gingen von einem Alter von 18 Jahren aus. Zwei sprachen von einvernehmlichen sexuellen Handlungen mit der 13-Jährigen, der Dritte will nur mit dem Mädchen gekuschelt haben, von Vergewaltigung wollten sie nichts wissen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen aber vor, dass alle drei das Mädchen missbraucht haben sollen, sobald das Suchtgift zu wirken begann. Unterstützt wird der Vorwurf durch zahlreiche, sichergestellte Spuren.

Zur Vollversion des Artikels