Wiens Bürgermeister kritisiert Vorgehensweise der Bundesregierung.
Wien. Wien wird den durch die Bundesregierung angekündigten zweiten Lockdown in Österreich mittragen. Das betonte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am späten Samstagnachmittag. Er bezeichnete die Maßnahmen als notwendig, übte aber gleichzeitig Kritik an der Vorgehensweise der türkis-grünen Bundesregierung bei der Erstellung der Verordnung.
"Es wäre sinnvoll gewesen, die Bundesländer - und zwar alle Bundesländer - mit einzubeziehen, auch die Sozialpartner. Wir sind alle nur sehr kurzfristig informiert worden und von daher ist das eine Verordnung, die die Bundesregierung vorstellt und die Auswirkung dieser Verordnung wird auch von der Bundesregierung zu tragen sein", stellte der Wiener Bürgermeister gegenüber der APA klar.
Und weiter: "Wir haben diese Unterlage heute in der Nacht bekommen, um 1.39 Uhr. Es arbeiten meine Expertinnen und Experten, nachdem wir vorher nicht einbezogen worden sind, rund um die Uhr, um die Auswirkungen anzuschauen." Dann werde überlegt, "welche zusätzlichen Maßnahmen wir setzen können".
Strenge Zugangsbeschränkungen zu Spitälern
Ludwig wies darauf hin, dass es in Wien schon von Beginn der Corona-Krise an strenge Regeln gegeben habe, die auch durchgehend während der Lockerungsverordnungen der Bundesregierung aufrechterhalten worden seien. Dazu zählen strenge Zugangsbeschränkungen zu Spitälern, Pensionistenwohnhäusern und Pflegeeinrichtungen.
Ludwigs Meinung nach hat der Bund mit den Lockerungsmaßnahmen, ein falsches Signal gesetzt. "Natürlich ist es für die Bevölkerung schwer nachzuvollziehen, dass ein gesundheitliches Problem besteht, dann ist Licht am Ende des Tunnels, dann gibt es wieder eine gesundheitliche Krise." Und weiter: "Von daher ist die Kommunikationsstrategie für mich nicht nachvollziehbar und löst, glaube ich, in der Bevölkerung auch große Irritation aus."
Was die Erstellung dieser Verordnung anbelangt, so hätte sich Ludwig einen "nationalen Schulterschluss" gewünscht, eine bundeseinheitliche Vorgehensweise. Es hätten alle Gebietskörperschaften und die Sozialpartner in der Herstellung dieser Verordnung miteinbezogen werden sollen. So hätten beispielsweise Erfahrungen, die mit regionalen Konzepten gemacht worden seien, stärker einfließen können.
Wunsch nach mehr Miteinbeziehung
Als Beispiel für seinen Wunsch nach mehr Miteinbeziehung nannte er die angekündigte Ausgangssperre. "Ich kenne jetzt keine wissensbasierten Entscheidungsgrundlagen, die die Bundesregierung vorgestellt hätte, warum diese Ausgangsbeschränkung kommt und vor allem warum sie in dieser Zeit kommt." In anderen europäischen Ländern würde diese in anderen Zeiträumen gelten, merkte er diesbezüglich an.
Prinzipiell erachtet es Ludwig jedenfalls als notwendig, jetzt Maßnahmen zu setzen. Wichtig ist ihm aber auch die entsprechende Unterstützung: "Denn es wird natürlich ganz starke Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort, auf den Arbeitsmarkt, auf das gesellschaftliche Miteinander der Menschen geben. Von daher wird es notwendig sein, dass man die Auswirkungen entsprechend begleitet." So solle etwa sichergestellt sein, dass Unternehmen, die Steuermittel erhalten würden, keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kündigen dürfen, unterstrich er.