Demo gegen Corona-Maßnahmen
Demo-Bilanz: 3.000 Teilnehmer und 1.000 Gegendemonstranten, 15 Festnahmen
10.04.2021Vier Polizeibeamte verletzt - 649 Anzeigen - Demonstranten wollten Sperren durchbrechen - Rund 3.000 Teilnehmer und 1.000 Gegendemonstranten.
15 Festnahmen und 649 Anzeigen hat es am Samstagnachmittag bei einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung in Wien gegeben. Um einige aggressive Teilnehmer zu bändigen, musste die Polizei 14 Mal von Pfefferspray Gebrauch machen. Dennoch wurden vier Polizeibeamte verletzt. Diese Bilanz zog die Wiener Landespolizeidirektion am Sonntag.
Von den 15 Festnahmen erfolgten zehn aus strafprozessualen Gründen - etwa wegen Verdachts auf Körperverletzung, Sachbeschädigung, Übertretungen nach dem Verbotsgesetz oder Widerstand gegen die Staatsgewalt - und fünf nach dem Verwaltungsstrafgesetz. Die insgesamt 649 Anzeigen umfassten 36 wegen strafrechtlicher Vergehen und 130 Verwaltungsübertretungen. Fast 500 Anzeigen gab es wegen Verstößen gegen die Regelungen zum Schutz vor Covid-19: 380 Personen hielten sich nicht an die Abstandsregeln, 103 ignorierten die Maskenpflicht. Insgesamt wurden 313 Identitätsfeststellungen getroffen.
Etwa 3.000 Teilnehmer*innen
Kinder waren unter den von der Polizei zunächst mit einigen Hundert, später dann mit rund 3.000 bezifferten Teilnehmern allerdings kaum - an Ort und Stelle befanden sich unter anderem die FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch und der Identitäre Martin Sellner. Neben österreichischen, Regenbogen- und Bundesländer-Fahnen waren auch Flaggen der Verschwörungstheoretiker-Gruppe QAnon zu sehen. Dazu kamen noch zahlreiche Personen in Thor-Steinar-Outfits, einem Erkennungsmerkmal der rechtsextremen Szene.
Zum Teil trugen die Teilnehmer Transparente mit Aufschriften wie "Kurz ist der Weg in die Diktatur". Reden gab es keine, hauptsächlich wurde Bier getrunken und Musik gehört. Großteils habe die Veranstaltung "keinen Manifestationscharakter" gehabt, so ein Polizeisprecher zur APA. Die Polizei hatte die Straßen rund um den Schweizergarten bis zum Hauptbahnhof abgesperrt. Vereinzelt wurden schon im Park Anzeigen ausgesprochen, nachdem Teilnehmer Beamte angepöbelt hatten.
Pfefferspray-Einsatz
Ein Teil der Demo-Teilnehmer zog später zum Landstraßer Gürtel, wo es beim Versuch des Durchbrechens einer Sperre zum Zusammenstoß mit der Polizei kam. Diese wollte ein Aufeinandertreffen mit einer rund 1.000 Teilnehmer umfassenden Gegendemonstration von antifaschistischen Gruppen verhindern. Nachdem die Demonstranten die Beamten mit Bierdosen beworfen hatten und die Sperre durchbrechen wollten, wurde auch Pfefferspray eingesetzt und die Demo für aufgelöst erklärt.
Das hinderte die Demonstranten aber nicht, bei einer weiteren Straßensperre beim Belvedere durchbrechen zu wollen. Dazu wurden Seile mit Karabinern verwendet, mit denen die Sperren aus der Verankerung gehoben wurden. Es wurden auch wieder Bierdosen geworfen. Die Polizei setzte daraufhin erneut Pfefferspray ein. Gegen 16.00 Uhr hatte sich die Lage dann vorerst beruhigt - viele Teilnehmer verließen die Kundgebung.
Vorfall bei Gegendemo
Am späten Nachmittag löste sich die Demo nach und nach auf. Zwischenfälle gab es laut Polizei nicht. Allerdings fanden vereinzelt Gruppen wieder zusammen, die die Exekutive aber erfolgreich auflösen konnte. Zumindest zu einem Vorfall kam es auch im Rahmen der Gegenkundgebung: Dort gerieten Demonstranten mit anderen Personen - möglicherweise auch Passanten - aneinander, es gab einen Verletzten. Und auch eine Gruppe Gegendemonstranten hatte sich erneut versammelt, laut Polizei sei es zu Identitätsfeststellungen gekommen.
Eine endgültige Bilanz des Polizeieinsatzes dürfte es erst am Abend geben. Der Einsatz sei jedenfalls erfolgreich gewesen, hieß es: Man habe die Sperren aufrechterhalten und ein Zusammentreffen von Demonstranten und Gegendemonstranten verhindern können. Auch die Autobahnauffahrt sei gesichert worden.
Fazit der Polizei
Die Landespolizeidirektion Wien resümierte die Demo mit den folgenden Zahlen: 22 Versammlungen wurden am heutigen Samstag angezeigt, sieben davon im Vorfeld untersagt. Aufgrund der Corona-Maßnahmenverordnung kam es zu einigen hundert Verwaltungsstrafanzeigen. Insgesamt 15 Personen wurden festgenommen, zehn davon wegen strafrechtlicher Delikte. Drei Polizisten wurden im Rahmen des Einsatzes verletzt.
Die ÖVP charakterisierte die Demonstration in einer Aussendung als "Zusammentreffen von amtsbekannten Rechtsextremen, wirren Verschwörungstheoretikern, berüchtigten Corona-Leugnern und folgsamen Kickl-Sympathisanten", die "in zahlreichen tätlichen Angriffen" gegenüber der Polizei gegipfelt habe. ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer wertete die Teilnahme prominenter FPÖ-Politiker als Beleg dafür, "welch demokratie- und rechtsstaatsgefährdende Entwicklung die FPÖ unter Herbert Kickl eingeschlagen hat".