Engagierte BürgerInnen von "Freiraum Naschmarkt" und oe24.at haben den Sima-Kobel, also eine riesige Markthalle, am Naschmarkt verhindert. Der Flohmarkt bleibt erhalten, drumherum kommt eine riesige Grün-Oase.
Dieses Match war knallhart - und es zog sich über Jahre. Am Ende hat Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) nachgeben müssen und auf ihre Markthalle, im Volksmund "Sima-Kobel" genannt, verzichtet. Statt eines riesigen Betonklotzes, der den Flohmarkt ebenso zerstört hätte wie das architektonisch einmalige Jugendstilensemble an der Wienzeile, wird die 12.000 Quadratmeter große Fläche über dem Wien-Fluss begrünt - und eine absolute Top-Location der Stadt werden.
Anstelle des schmucklosen Parkplatzes westlich der U4-Station Kettenbrückengasse, der im Sommer alljährlich zur absoluten Hitzeinsel wird, kommt jetzt eine großzügige Grünfläche mit 64 Bäumen am Rand, wo das Gewölbe über dem Wien-Fluss tiefere Wurzeln zulässt, und Wiesen und Stauden in der Mitte. In dem Masterplan Naschmarkt, der nun präsentiert wurde, ist auch vorgesehen, dass der weltberühmte Flohmarkt, der in jedem internationalen Reiseführer zu Wiens Top-Attraktionen zählt, vollumfänglich erhalten bleibt, während die Asphaltwüste samt Parkplätzen komplett verschwindet.
Wie Landschaftsplanerin Sabine Dessovic erklärte, werde damit der wichtigste Teil der Forderungen der Initiative Freiraum Naschmarkt erfüllt, die sich gegen die geplante riesige Markthalle gewendet hatte. Es werde eine grüne, konsumfreie Zone geben, an allen Tagen außer Samstag, wenn der Flohmarkt stattfindet, soll dessen Gelände aufgewertet und für Aktivitäten vom Outdoor-Yoga bis zur Dichterlesung zur Verfügung stehen, also ein City-Hotspot für Kultur und Freizeit werden.
Am sogenannten Landparteienplatz zwischen der U4-Kettenbrücke bzw. dem Marktamt und dem eigentlichen Naschmarkt, der bisher eher weniger als Bauernmarkt, denn als Schandfleck mit gefixelten Jogging-Hosen im Standl-Angebot auffiel, soll es ebenfalls eine Neugestaltung geben. Hier sieht der neue Masterplan eine flache Überdachung vor. Die Seitenteile können geöffnet werden, auf Straßenniveau wird es einen dauerhaften Bauernmarkt geben, oben soll ein großer Dachgarten geschaffen werden, von dem aus Besucher einen tollen Blick über den Naschmarkt haben werden.
Eine offene Marktküche soll den Bauernmarkt ergänzen und z.B. ermöglichen, dass ganze Schulklassen hier mehr über ihr Essen und dessen Zubereitung erfahren als in jeder Theoriestunde möglich ist.
Laut Stadträtin Ulli Sima sollen am ganzen Gelände zahlreiche Wasser-Spiele - eines davon wird 250 m2 groß - und Neben-Stelen für Abkühlung und ein besseres Mikroklima sorgen. Jetzt beginnen die Detailplanungen und 2024 solle, so Sima, die Umsetzung starten.
Die Reaktionen waren erwartbar: Die FP-Politiker Toni Mahdalik und Leo Kohlbauer schimpfen über ein Parkplatz-Massaker, das ein Anschlag auf den Nasch- und Flohmarkt sei.
Und während sich die Grünen diesen Bürger-Erfolg der Intiative Freiraum-Naschmarkt auf die eigenen Fahnen heften wollen und ihre Kampagne "Park statt Parkplatz" selbst beweihräuchern, verspricht oe24 den Wienerinnen und Wienern, dass wir genau darauf aufpassen werden, dass ihre Wünsche für die Zukunft des Naschmarkts auch tatsächlich umgesetzt werden.
Die Sprecherin der BI Freiraum Naschmarkt, Monika Ferdiny, freut sich indes über die vorgesehene Begrünung des Naschmarkt-Platzes: "Wir haben sehr lange für eine Begrünung dieser trostlosen Asphaltfläche gekämpft und freuen uns über jeden einzelnen Baum. Die geplanten 65 neuen Bäume erscheinen uns – trotz geplanter Grünflächen und Gräserbeeten – aber nicht ausreichend, um auf einer Fläche von 12.000 m2 für genügend Schatten sorgen zu können. Immerhin heizte sich die Fläche in diesem Sommer auf bis zu 65 Grad und mehr auf. Hier erwarten wir uns Nachbesserungen."
Skepsis herrscht beim geplanten "Marktraum" mit Dachgarten. Hier fehlen die Detailplanungen und Konzepte, wie diese Foyer-Halle zukünftig bespielt werden soll. "Der Bauernmarkt wird offenkundig an die Ränder der Wienzeilen gedrängt. Wir werden unsere Forderungen nach einem bislang funktionierenden Bauernmarkt deutlich einbringen", so Monika Ferdiny.
Sie fordert generell Reformen am Naschmarkt ein: "Stadträtin Sima ist nicht nur für die Neugestaltung sondern auch für das gesamte Geschehen am Naschmarkt zuständig. Leider steht es um die Vielfalt des Warenangebots sehr schlecht und die Stände mit frischem Obst und Gemüse werden immer weniger. Hier ist Stadträtin Sima aufgerufen einen Plan zur Verbesserung des Angebots auszuarbeiten und die Nachbesetzung von Ständen transparent und entsprechend der Wünsche von Kundinnen und Kunden nach regionalen Produkten durchzuführen."