Männer riefen auf Polnisch: "Kommunisten lassen wir nicht leben"
Ein Vortrag des polnisch-britischen Soziologen Zygmunt Bauman im Wien-Museum am Mittwochabend ist von einer Gruppe polnischsprachiger Neonazis durch antisemitische Sprechchöre gestört worden. Der Verfassungsschutz ermittelt.
Bauman hatte auf Einladung des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) zum Thema "Diasporic Terrorism" gesprochen. Auf einem Video, das in sozialen Medien kursiert, sind sechs junge Männer zu sehen. Sie rufen in polnischer Sprache: "Wir gedenken Helden. Kommunisten lassen wir nicht leben. Weg mit dem Kommunismus".
Polizei-Sprecher Patrick Maierhofer bestätigte den Vorfall. "Es gab keinen polizeilichen Einsatz", sagte er am Donnerstag. Der Fall sei an das Landesamt für Verfassungsschutz weitergeleitet worden und der Verfassungsschutz ermittle. "Sie schauen sich das Video an." Die Aktion habe etwa eine halbe Minute gedauert.
Das Wien Museum bestätigte laut orf.at ebenfalls, dass der Vortrag mit "polnischen Zwischenrufen" gestört wurde. Die verantwortliche Gruppe Männer sei jedoch gleich durch das Sicherheitspersonal zum Verlassen der Veranstaltung bewegt worden. Auch das IWM bestätigte den Vorfall und sprach von einer Störung "polnischer Nationalisten".
Es ist nicht die erste Störaktion von polnischen Nationalisten bei einem Auftritt des Soziologen. Bei einer Vorlesung in Wroclaw (Breslau) 2013 skandierten etwa 100 Störenfriede "Hau ab". 2013 verzichtete Bauman auf die Ehrendoktorwürde einer polnischen Privatuniversität, nachdem nationalistische Gruppierungen und Politiker Proteste während der Verleihung angekündigt hatten.
Der 1925 in Polen geborene Bauman emigrierte 1968 nach Israel, weil ihm in seiner Heimat die Lehrerlaubnis wegen seiner jüdischen Herkunft entzogen wurde. Bis zur Emeritierung 1994 lehrte der Soziologieprofessor an der Universität Leeds in England. Er ist Preisträger u.a. des Theodor W. Adorno-Preises der Stadt Frankfurt und des Prinz-von-Asturien-Preises. 2014 verlieh ihm die Deutsche Gesellschaft für Soziologie den Preis für ein "hervorragendes wissenschaftliches Lebenswerk".