Drama von Strebersdorf
Neue Spur: War Kirchen-Überfall ein Rache-Akt?
28.12.2018
Die Polizei geht nach neuesten Erkenntnissen von Täter-Opfer-Beziehung aus.
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Die Strebersdorfer Schulbrüder und den dazugehörigen Orden „De La Salle“ kennt in Wien jeder. Positiv durch das riesige Schulareal, die pädagogischen Leistungen, die Ergebnisse, die die Schüler erzielen. Negativ, weil es auch hier in der Vergangenheit zu sexuellen Übergriffen auf Schützlinge gekommen sein soll. Strebersdorf war innerhalb der Kirche keine Insel der Seligen.
Ehemalige Absolventen, Eltern, aber auch Außenstehende halten einen Zusammenhang zwischen Übergriffen und Überfall für denkbar. Immerhin: Die Tat fand just am Geburtstag jenes Ordensbruders statt, der nach einer Anzeige wegen sexueller Übergriffe suspendiert wurde. Er soll sich unter den verletzten Ordensleuten befunden haben.
Die Variante vom „klassischen Raubüberfall“ wirft viele Fragen auf. Der oder die Täter waren mit einer Pistole bewaffnet. Mit einer Waffe vom Kaliber 9 Millimeter. Es soll sich um die Pistole handeln, die Ordensleute illegal besessen und in einem Safe gesichert hatten.
Unklar, ob etwas gestohlen wurde
Der Tresor stand nach dem Überfall offen. Die Waffe fehlte daraus. Nach bisherigen Ermittlungen könnte es die Pistole der Räuber gewesen sein. Aber woher kannten sie den Safe, wie öffneten sie ihn in so kurzer Zeit und wussten sie vom Inhalt? Bis Freitagnachmittag stand nicht einmal fest, ob irgendetwas gestohlen wurde.
Mönche zwei Stunden gefoltert
Licht ins Dunkel sollte Tag eins nach dem schrecklichen Überfall auf sechs Patres vom Orden der Schulbrüder in Strebersdorf bringen. Doch noch ist das Gegenteil der Fall: Während die Polizei unmittelbar nach der Tat in der Kirche Maria Immaculata von einem klassischen Raubdelikt ausging, sagte Polizeisprecher Patrick Maierhofer am Freitag: „Das kann ein klassisches Raubdelikt sein, kann aber auch ein Delikt sein, das im Zusammenhang mit einem Täter-Opfer-Bekanntschaftsverhältnis steht.“ Was steckt wirklich hinter dem Überfall? Der oder die Täter – hier widersprechen sich die Opfer – drangen am Donnerstag gegen 13.30 Uhr in die Kirche an der Anton-Böck-Gasse ein. Im Hauptschiff trafen sie auf einen 68-jährigen Geistlichen. Einer der Täter soll mit einer Pistole vom Kaliber 9.
Zwei Opfer mussten auf Intensivstation
Auch sie wurden mit Schlägen traktiert und gezwungen, sich auf den Boden zu legen. Dort wurden sie mit Kabelbindern und Schnüren gefesselt und geknebelt. Zwei Stunden dauerte die Tortur für die Mönche, die einer Folter glich. Fünf Verletzte mussten ins Spital, zwei von ihnen laut Schulleiter Walter Kröner auf die Intensivstation. Später wurde ein weiterer Bruder gefesselt in einem Büroraum entdeckt. Er blieb unverletzt.
Der oder die Täter ergriffen die Flucht. Während ab Freitagmittag die Einvernahmen der Opfer bei der Polizei liefen, fehlte vom brutalen Räuber jede Spur. Er soll laut Zeugen 1,80 Meter groß sein, dunkles Haar haben und Österreichisch mit Akzent sprechen.
„Tief betroffen“ zeigte sich auch Kardinal Christoph Schönborn unmittelbar nach der Tat am Donnerstagabend. „Kirchen sind Orte des Friedens – das macht uns die Weihnachtszeit in besonderer Weise bewusst.“ Umso trauriger sei die Nachricht vom brutalen Ereignis, sagte der Wiener Erzbischof. „Gott sei Dank kommt so etwas in Österreich nur sehr selten vor. Ich bete für die baldige Genesung der Opfer und die Reue der Täter“, sagte ein sichtlich ergriffener Kardinal Schönborn.