Schon 50 Anzeigen im Skandal
Parksheriff packt aus: "Wir löschen täglich Strafen"
05.09.2018In ÖSTERREICH spricht erstmals Wiener Parksheriff zum Skandal.
Wien. Bettina S. hat mehr als ein Jahrzehnt bei den Parksheriffs in Wien gearbeitet. Angesichts des jüngsten Skandals packt sie jetzt in ÖSTERREICH aus.
"Es gab Befehl, bestimmte Parkstrafen zu stornieren"
Storno-Befehl. „Die volle Wahrheit über den Skandal ist, dass nicht die kleinen Parksheriffs allein die Schuld hatten. Es kam praktisch immer von oben der Befehl, bestimmte Parkstrafen einfach zu stornieren.“ Sie hatte sogar versucht, dagegen Widerstand zu leisten: „So etwas ging immer schlecht aus. Plötzlich stand ständig die Dienstaufsicht im Büro, man wurde in schlechtere Rayone versetzt, wo man weniger Strafzettel ausstellen konnte und so den notwendigen Schnitt an Strafzetteln, den es trotz aller Dementis natürlich gibt, nicht schaffte.“
"Freunde, Promis, Magistratsbeamte melden sich täglich"
Freunderlwirtschaft. Bettina S. hat dann irgendwann die Konsequenzen gezogen und kündigte. Das System der „Freunderlwirtschaft“ bei den Parksheriffs macht sie noch immer fertig: „Gute Freunde, wichtige Bekannte, Promis, Magistratsbeamte der höheren Etagen und auch befreundete Polizisten riefen fast täglich bei unseren Chefs an, damit wir im Computer die ausgestellten Strafzettel stornieren. In manchen Gassen haben wir gar nicht mehr aufgeschrieben, weil sofort ein Storno kam.“
Politiker ließen Parkstreifen verschwinden
Die ÖSTERREICH-Exklusiv-Story über den Korruptions-Skandal um die „stornierten Parkstrafen“ in Wien weitet sich nun gewaltig aus. Fünf Beamte wurden schon entlassen, weitere 50 Fälle werden derzeit von den Behörden untersucht. Es geht um den Verdacht, dass Parksheriffs Strafen aus dem Computersystem gelöscht haben.
Wahrscheinlich ist das aber nur die Spitze des Eisbergs: „Mir berichten Informanten aus dem Rathaus, dass es System hat, dass Spitzenbeamte des Rathauses und auch viele Politiker einfach anrufen und eine Stornierung ihres Parkzettels bestellen konnten“, erzählt Wiens FP-Vizebürgermeister Dominik Nepp jetzt im ÖSTERREICH-Gespräch.
Jetzt Sonderprüfung des Wiener Stadtrechnungshofs
Da er selbst aus Datenschutzgründen keine Einsicht in die Computer der MA 67 und der Polizei, die gemeinsam die Parksheriffs befehligen, nehmen kann, hat er jetzt eine Sonderprüfung des Stadtrechnungshofs beantragt.
Ermittlungen auch gegen einen SPÖ-Bezirksrat
„Mit den Stimmen der FPÖ wird diese Prüfung auch verpflichtend durchgehen. Ich will endlich wissen, wer da was gedreht hat“, so Nepp. Immerhin wird jetzt auch gegen einen SPÖ-Bezirksrat ermittelt, der hauptberuflich als Parksheriff tätig war.