Plagiatsjäger Stefan Weber wirft Justizministerin „sinnbefreites Arbeiten“ vor.
Wien. Plagiatsjäger Stefan Weber hat vor einem Jahr Arbeitsministerin Christine Aschbacher zu Fall gebracht. Jetzt nimmt er die Justizministerin ins Visier. Alma Zadic (Grüne) habe in ihrer auf Englisch verfassten Dissertation Fehler begangen.
Vorwurf. Konkret attackiert Weber die grüne Justizministerin dafür, dass sie etliche Zitate nicht in Anführungszeichen gesetzt hat. „Ich würde die Vorgehensweise von Frau Zadic nicht als Plagiat werten, sondern als schlechte Wissenschaft beziehungsweise eher sinnbefreites Arbeiten: Wissenschaft heißt meines Erachtens nicht, Wortketten anderer zu sampeln“, sagt Weber.
85 Stellen inkriminiert. Auch der frühere Dekan der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, Manuel Theisen, sowie Forscherin Katharina Renner erheben massive Vorwürfe. Forscherin Katharina Renner kam auf 85 nicht ordnungsgemäß gekennzeichnete Zitate in der Doktorarbeit. Professor Theisen sagt: „Ich würde bei strenger formaler Betrachtung dazu neigen, das als Textplagiate zu bezeichnen. Die Originalzitate wurden dabei fast wortident übernommen, die wenigen ‚eigenen‘ Ausdrücke sind ohnehin nur Paraphrasen.“
Zadic: »Es sind falsche & unseriöse Vorwürfe«
Ministerin wehrt sich. Zadics Büro weist die Vorwürfe als „absolut unseriös und falsch“ zurück. Die Dissertation sei als englischsprachige Dissertation streng nach den Zitierregeln des Harvard Bluebooks verfasst worden. Dies entspreche dem in den Rechtswissenschaften international anerkannten wissenschaftlichen Standard. Anderslautende Vorwürfe seien „absolut unseriös und falsch – sie werden entschieden zurückgewiesen“.
Den Vorwürfen trat auch Ingeborg Zerbes, die stellvertretende Vorständin des Instituts für Strafrecht und Kriminologie (auf dem Zadic 2017 ihre Dissertation eingereicht hatte), entschieden entgegen. Soweit sie die Arbeit gesehen habe, sei diese "völlig in Ordnung", betonte Zerbes. Die von Zadic verwendeten Zitierregeln des Harvard Bluebooks seien bei englischsprachigen Juristen "lege artis" ("nach den Regeln der Kunst" Anm.), sagte Zerbes, die einer breiteren Öffentlichkeit als Leiterin der Untersuchungskommission zur Klärung von allfälligem Behördenversagen im Vorfeld des Terror-Anschlags von Wien bekannt geworden ist. Auch verwies Zerbes darauf, dass die Suchmaschinen, mit denen Plagiate gesucht werden, fehleranfällig sein können - und einer "Nachkontrolle aus fachlicher Perspektive" bedürfen.