Schnitzelklopfer-Attacken
Prater-Phantom in Anstalt eingewiesen
08.10.2014
Er verletzte Frauen weil ihn seine Freundin verlassen hatte.
Ein 89 Jahre alter Mann, der im vergangenen Frühjahr innerhalb einer Woche im Prater drei Frauen mit einer Eisenstange bzw. einem Schnitzelklopfer attackiert und verletzt hatte, ist am Mittwoch im Straflandesgericht rechtskräftig in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Er habe sich "am Schicksal rächen wollen", hatte der Pensionist dem Schöffensenat erklärt.
Laut Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer leidet der hochbetagte, aber durchaus rüstige Mann an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit dissoziativen, emotional instabilen und paranoiden Strukturen. Dem Gutachten zufolge war er zu den Tatzeitpunkten zurechnungsunfähig und damit nicht schuldfähig. Da Dantendorfer befürchtete, dass der 89-Jährige infolge seiner psychischen Erkrankung erneut eine Straftat mit schweren Folgen begehen könnte, empfahl er, ihn im Maßnahmevollzug unterzubringen. Der Senat (Vorsitz: Ingrid Altmann) leistete einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft Folge.
Auf die Frage, ob er wisse, warum er vor Gericht sei, hatte der 89-Jährige in seiner ausführlichen Befragung erklärt: "Ich hab' angeblich mit einem Gegenstand Leuten auf den Kopf g'haut." Als am 30. April eine Frau im Prater auf einer Parkbank Platz nahm, näherte sich der 89-Jährige der Staatsanwaltschaft zufolge von hinten und schlug ihr einen harten Gegenstand - möglicherweise einen Meißel - auf den Kopf. Bei zwei weiteren, ähnlich gelagerten Vorfällen bediente sich der Mann jeweils eines Fleischklopfers. Am 3. Mai ging er damit - begleitet von den Worten "Jetzt stirbst du" - auf eine Spaziergängerin los, am 5. Mai verletzte er wieder eine Frau auf einer Parkbank am Hinterkopf.
Altersbedingt hielten sich Wucht und die hinter den Schlägen steckende Kraft in Grenzen. Die Opfer wurden jeweils nur leicht verletzt, die Attacken hatten jedoch zum Teil erhebliche psychische Folgen. Eine Frau traut sich seither nicht mehr in die Hauptallee. "Sie hat echt Angst", verriet ihre Rechtsvertreterin dem Schöffensenat.
"Attackiert hab' ich die? Das ist mir neu", meinte der 89-Jährige zu den wider ihn erhobenen Vorwürfen. Nach kurzer Bedenkzeit stellte er klar: "Für mich waren das keine Frauen. Das war das Schicksal, das verdammte."
Er habe sich damals "in einem furchtbaren Zustand" befunden, führte der 89-Jährige ins Treffen. Seine Ehefrau - eine um 30 Jahre jüngere Thailänderin - war Ende Jänner aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, weil der Mann ihr gegenüber wiederholt ein aggressives Verhalten an den Tag gelegt haben soll. Sie kehrte nach Thailand zurück und hat mittlerweile die Scheidung eingereicht.
"Das war wie wenn einen der Blitz erschlagen hätt'. Ich war narrisch, weil sie weg war. Die Wohnung war ausgeräumt. Ich war wahnsinnig. Ich hab' nicht mehr denken können", gab der 89-Jährige zu Protokoll. Da habe er sich "am Schicksal rächen wollen. Ich bin ja immer ausgenutzt worden in meinem Leben".
Eine der attackierten Frauen war eine 30-jährige Mutter, die mit ihrem Kleinkind einen Spaziergang unternommen hatte. Nachdem sie mit dem Baby einen Spielplatz besucht hatte, nahm sie auf einer Parkbank Platz und las ein Buch, während ihre Tochter neben ihr im Kinderwagen schlief.
Aus den Augenwinkeln habe sie den alten Mann wahrgenommen, schilderte die Frau im Zeugenstand: "Mir war aber nicht bewusst, welches Risiko von ihm ausging." Plötzlich habe sie einen Schlag verspürt: "Mein erster Gedanke war, etwas ist von einem Baum gefallen." Als sie sich umdrehte, habe sie den Mann gesehen, der soeben zu einem zweiten Schlag ausholte, wobei sie in seiner linken Hand den Kopf eines Fleischklopfers erkannte: "Ich bin erschrocken. Ich hatte Angst um mein Leben."
Die 30-Jährige sprang auf und begab sich mit dem Kinderwagen im Laufschritt zu einer Menschengruppe, die rund 50 Meter entfernt stand. Augenzeugen verständigten die Polizei, die den 89-Jährigen festnahmen und in weiterer Folge ins Otto-Wagner-Spital brachten. Die 30-Jährige kam in ein Krankenhaus, wo ihre Schnittwunde am Hinterkopf genäht werden musste.