Ein 17-jähriger IS-Fan wurde erst im Jänner in Wien zu teilbedingter Haft verurteilt. Doch nur drei Monate später betrieb der unverbesserliche, extrem radikalisierte Jugendliche wieder IS-Propaganda und schoss zusammen mit einem Komplizen mit einem Luftdruckgewehr auf einen MA48-Mitarbeiter.
Wien. Seit Montag muss sich ein 17-jähriger IS-Anhänger zum zweiten Mal im heurigen Jahr wegen terroristischer Vereinigung am Wiener Landesgericht verantworten.
Der Bursch war Ende Jänner 2023 zu 21 Monaten teilbedingt verurteilt worden, nachdem er sich auch an seiner Schule als Propagandist für die radikal-islamistische Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) betätigt hatte. Er war mit einem Messer in die Schule marschiert und hatte mit einer Machete mit dem IS-Symbol patrouilliert. In Internetgruppen feierte er den Attentäter der Anschläge von Wien. Selbst anderen Mitgliedern des einschlägigen Chats war der Verdächtige zu radikal, immer wieder kam es zu Spannungen
Von Läuterung keine Spur
Kurze Zeit nach dem Prozess zu Jahresbeginn, bei der mit sieben Monaten ein Drittel der über ihn verhängten Strafe unbedingt ausgesprochen wurde, kam der Österreicher (mit Migrationshintergrund) unter Anrechnung der U-Haft auf freien Fuß. Bereits im April tat er sich laut Anklage mit einem um ein Jahr älteren IS-Anhänger zusammen, um erneut einschlägiges Propagandamaterial, darunter Werbebroschüren für den IS und Rekrutierungsvideos zu verbreiten.
Der bosnische Komplize des Hauptangeklagten.
MA48-Mitarbeiter ins Bein geschossen
Am 19. Mai sollen die beiden in Favoriten mit einem Luftdruckgewehr von einem Gemeindebau-Balkon auf einen MA48-Mitarbeiter geschossen und den Mann am Oberschenkel getroffen haben. Neben terroristischer Vereinigung (§278b StGB) müssen die zwei daher im auf zwei Tage anberaumten Prozess auch wegen versuchter schwerer Körperverletzung gerade stehen.
"Fortgeschritten radikalisiert"
Während der Ältere der beiden von der U-Haft zur Verhandlung kam, befindet sich der 17-Jährige in vorläufiger Anhaltung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum. Grund dafür ist ein kinder- und jugendpsychiatrisches Gutachten, das die Staatsanwaltschaft hat einholen lassen. Die beigezogene Sachverständige kam zum Schluss, dass der Jugendliche zwar zurechnungsfähig ist, aber eine manifeste, schwere Persönlichkeitsstörung mit dissozialen Zügen aufweist. Was seine Einstellung zur Religion und zum IS betrifft, liege eine "fortgeschrittene Radikalisierung" vor.
Nach Ansicht der Sachverständigen sind in diesem Fall aufgrund der Gefährlichkeit des 17-Jährigen die Voraussetzungen erfüllt, um diesen im Fall einer Verurteilung gemäß §21 Absatz 2 StGB zusätzlich in ein forensisch-therapeutisches Zentrum einzuweisen. Ohne die im Maßnahmenvollzug gewährleisteten haftbegleitenden therapeutischen Behandlungen sei die Wahrscheinlichkeit, dass der einschlägig Vorbestrafte neuerlich terroristische Straftaten begehen wird, "sehr hoch", warnt die Sachverständige in ihrem Gutachten.