Wien

Siebenjährige vom Großonkel missbraucht - Vier Jahre Haft

28.01.2022

60-Jähriger zudem aufgrund von Gefährlichkeit in Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen - Nicht rechtskräftig.  

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Weil er im Zeitraum von eineinhalb Jahren seine siebenjährige Großnichte missbraucht haben soll, ist am Freitag am Wiener Landesgericht ein 60-Jähriger zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Zusätzlich wurde der bisher unbescholtene, zurechnungsfähige Mann in den Maßnahmenvollzug eingewiesen. Einem psychiatrischen Gutachten zufolge ist seine pädophile Störung derart ausgeprägt, dass die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher geboten war.

Sonderstrafanstalt

In der Sonderstrafanstalt sind haftbegleitende therapeutische Maßnahmen gewährleistet. Mit seiner Entlassung kann der Mann selbst nach Verbüßung der über ihn verhängten Strafe erst rechnen, wenn ihm ein Gutachter bescheinigt, dass von ihm keine Gefahr für kleine Kinder mehr ausgeht. Grundsätzlich wird die Einweisung in den Maßnahmenvollzug im Sinn des § 21 Absatz 2 StGB ohne zeitliche Befristung ausgesprochen, es muss jedoch regelmäßig geprüft werden, ob die entsprechenden Voraussetzungen noch vorliegen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Das betroffene Mädchen war zu Beginn der Übergriffe sieben Jahre alt. Im vergangenen Frühjahr vertraute sich die Volksschülerin ihrer Mutter an, nachdem sie von ihrer Lehrerin wegen anhaltend starker Bauchschmerzen nach Hause geschickt worden war und daheim gefragt wurde, was los sei.

Eigenschutz

Der Angeklagte war weitgehend geständig. Nach seiner Festnahme am 4. Mai 2021 hatte er zunächst sämtliche Vorwürfe bestritten. Als er jedoch das Video mit dem Mädchen zu sehen bekommen habe, das im Ermittlungsverfahren in einer kontradiktorischen Befragung die Übergriffe geschildert hatte, sei bei ihm ein Sinneswandel eingetreten, schilderte er dem Schöffensenat: "Da hab' ich schlaflose Nächte gehabt. Das hat mir keine Ruhe gelassen. Da hab' ich Gewissensbisse gekriegt. Da hab' ich mir gesagt, ich muss es erzählen." Bis zu diesem Zeitpunkt habe er "aus Eigenschutz gelogen", denn er habe Angst gehabt, "dass ich von meinen Neffen, Nichten, meiner Familie verstoßen werde". Er wisse, dass er eine Therapie brauche: "Ich weiß, dass ich eine schwere Straftat begangen habe."

Der Vater des Mädchens war sehr jung gestorben. Der Großonkel - unverheiratet, kinderlos, laut Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig nie in einer längeren Beziehung - begann sich 2020 um die Kleine zu kümmern. Er brachte ihr das Schwimmen bei, unternahm - teilweise mit ihr allein, teilweise unter Einbindung weiterer Großneffen und -nichten - Ausflüge in den Prater, nach Schönbrunn oder ins Haus des Meeres. "Ich war immer ein Kindermensch." Die Mutter des Mädchens - die Tochter seiner Schwester - war ihm dankbar, wenn er die Kleine beaufsichtigte oder bei sich übernachten ließ. "Da hab ich dann ein Mal Zeit für mich gehabt", gab die Frau als Zeugin an.

Er habe das Mädchen "berührt und gestreichelt. Ich wollte ihr nicht wehtun", sagte der Angeklagte. Danach schilderte er dem Schöffensenat detailliert die inkriminierten Übergriffe: "Insgesamt hab' ich mich sieben Mal an ihr vergangen. Ich hab' es noch vor Augen." Die Frage nach dem Warum beantwortete er mit: "weil ich zu dem Zeitpunkt noch nicht gewusst hab', dass ich eine Störung hab'."

Verteidigerin Astrid Wagner hatte sich zu Beginn der Verhandlung verwundert gezeigt, dass der Prozess überhaupt stattfand. Die gesamte Abteilung - dem Vernehmen nach 34 Insassen - in der Justizanstalt (JA) Josefstadt, in der ihr in U-Haft befindlicher Mandant untergebracht ist, befinde sich seit zehn Tagen in Quarantäne, nachdem bei einem Justizwachebeamten eine Corona-Infektion nachgewiesen wurde. Sie habe sich daher mit dem Angeklagten nicht besprechen und auf die Verhandlung vorbereiten können, sagte Wagner vor der Verhandlung. Weshalb der Justiz eine Begegnung in der Justizanstalt zu gefährlich erscheine, aber es offenbar kein Risiko darstelle, wenn sie nun ohne Trennwand aus Glas mit ihrem Mandanten im Gerichtssaal zusammentreffe, sei ihr schleierhaft.

Der 60-Jährige wurde vor der Verhandlung getestet - allerdings lag bei Prozessbeginn noch kein Testergebnis vor. Auf Befragen der Richterin erklärte der Mann, er sei zwei Mal geimpft und seiner Ansicht nach gesund.

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