87,44 Prozent stimmten gegen Einigung zwischen Stadt und Ärztevertretern.
Nach der deutlichen Ablehnung der Einigung für die Spitäler des Krankenanstaltenverbunds (KAV) durch die dort beschäftigten Mediziner pochte Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer, am Montag auf Nachverhandlungen. "Ich glaube, dass es Nachverhandlungen geben wird müssen", so Szekeres in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. An Rücktritt denkt er nicht.
Er könne sich nicht vorstellen, dass die Stadt so ein eindeutiges Votum ignorieren und gegen die Ärzte agieren werde, betonte der Kammerchef. Das negative Ergebnis der Urabstimmung sei für ihn "vorhersehbar und klar" gewesen. Denn der KAV habe noch "nicht einmal im Ansatz begonnen", die vereinbarten Strukturmaßnahmen durchzuführen. Stattdessen sei nur überlegt worden, wo und wie man Dienstzeiten und Personal einsparen könne. "Damit wird die Vereinbarung konterkariert und gebrochen", so Szekeres.
Denn die Expertenteams des KAV würden auch mit falschen Zahlen agieren, kritisierte der Ärztekammerpräsident. Denn die Zeit- und Leistungserfassung im KAV würde nicht funktionieren, Personalstände seien nicht bekannt und es werde in Berechnungen nicht zwischen den unterschiedlichen Expertisen der Ärzte geachtet. "Es ist peinlich, dass die Berater nicht genau wissen, wie viel Personal auf welcher Abteilung arbeitet", meinte er. Dass die Stadt Wien dazu keine genauen Zahlen habe, habe das Verhandlungsteam auf Ärzteseite bei der Einigung Ende Jänner nicht gewusst, beteuerte er.
Die Einsparungen waren allerdings immer Teil der von Szekeres verhandelten und unterschriebenen Vereinbarung: Bereits auf Seite eins dieses - heute an die Medien verteilten - Schriftstücks findet sich die geplante Reduktion um 112 Nachtdiensträder bzw. der Abbau von 382 Vollzeitäquivalenten. Diese Pläne hatten im Vorfeld der Abstimmung für den meisten Unmut unter den Spitalsärzten gesorgt. Der Kammerchef selbst hatte sich erst in einer vorwöchigen Kundgebung von KAV-Medizinern deutlich hörbare Buhrufe abholen müssen.
Persönliche Konsequenzen möchte Szekeres dennoch nicht ziehen: "Dafür sehe ich gar keinen Grund. Die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter hat ihr Misstrauen gegenüber dem Dienstgeber ausgesprochen, nicht gegenüber der Ärztekammer." Nun werde man wieder in die Gremien zurückkehren und dort debattieren. So will der Kammerchef auch kritische Stimmen aus den eigenen Reihen zurück ins Boot holen.
Die Einigung, so wie sie niedergeschrieben ist - also inklusive Personalkürzungen -, hält Szekeres allerdings immer noch für machbar. Allerdings müssten zunächst die Rahmenbedingungen stimmen: So sei etwa eine Entlastung der Ambulanzen vorgesehen gewesen, die jedoch aufgrund der sinkenden Zahl der Kassenärzte nicht funktioniere. Die Aufwertung der Notfallaufnahme scheitere ebenfalls an zu wenigen Ärzten, die Stärkung des Ärztefunkdienstes klappe aufgrund der zu geringen Gehälter dort nicht. Auch die Übernahme von Tätigkeiten durch die Pflege sei nicht umsetzbar, da es zu wenig Personal gebe, klagte der Kammerchef.
Die Vereinbarung, die unter anderem eine Anhebung der Grundgehälter, die Umstrukturierung der Dienstzeiten sowie eine Reduktion der Nachtdienste beinhaltet hatte, war Ende Jänner zwischen Ärztekammer, Gewerkschaft, Stadt Wien und Krankenanstaltenverbund getroffen worden. Notwendig war diese aufgrund des neuen, mit 1. Jänner in Kraft getretenen Arbeitszeitgesetz für Spitalsärzte, das u.a. eine Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit auf 48 Stunden vorsieht.