Hilfe für Opfer von Gewalt

Wien zahlt 52 Mio. Euro an misshandelte Heimkinder

06.11.2019

Bürgermeister Ludwig: 'Die Opfer haben Unfassbares erlebt, es ist unsere Pflicht als Stadt, unsere Verantwortung wahrzunehmen.'

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© Getty Images (Symbolbild)
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Wien. Die Fälle von Misshandlungen reichen bis ins Jahr 1945 zurück: Die Opferhilfe "Weißer Ring" veröffentlichte nun einen Abschlussbericht über die Gewalt in Wiener Kinderheimen. Nach neun Jahren Projektlaufzeit liegt nun der Bericht vor.

Das Ausmaß des Missbrauchs in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt erschütterte sogar die Experten der Opferhilfe. Es gab eine große Zahl von Betroffenen, die sich meldeten: Ursprünglich war man von einer Gesamtdauer von knapp einem Jahr und einem Budgetbedarf von 2 Millionen Euro ausgegangen. Die Zahl der Meldungen überstieg jedoch alle Erwartungen um ein Vielfaches. Daher wurde das genehmigte Budget über mehrere Stufen auf 52,53 Millionen Euro aufgestockt und auch die Meldefrist mehrfach verlängert. In 71 Sitzungen bearbeitete ein Gremium aus acht Experten mit unterschiedlichen Schwerpunkten insgesamt 3.139 Meldungen. Insgesamt 2.384 Betroffene erhielten finanzielle Hilfeleistung. Allen Betroffenen wurde auch Psychotherapie angeboten. Von den genehmigten rund 144.400 Einheiten wurde knapp die Hälfte auch tatsächlich in Anspruch genommen.
 

Aus den Fehlern gelernt

Der Abschlussbericht von "Weißer Ring" hält fest: Man hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Heute werden Kinder und Jugendliche, welche nicht bei ihren Eltern leben können, nicht mehr in den geschlossenen Systemen großer Heime untergebracht. Sie leben in Krisenzentren und familienähnlichen Sozialpädagogischen Wohngemeinschaften sowie bei gut ausgewählten und ausgebildeten Pflegeeltern. 
 
Hintergrund: Die Stadt Wien stellte sich in den Jahren 2010 bis 2019 der Aufgabe, das Unrecht, das Kindern in Kinderheimen beziehungsweise bei Pflegeeltern geschehen war, aufzuarbeiten – wie es in einer Aussendung heißt. "Die Opfer haben Unfassbares erlebt, es ist unsere Pflicht als Stadt, unsere Verantwortung wahrzunehmen, geschehenes Unrecht ohne Relativierung anzuerkennen und uns dafür aufrichtig und zutiefst zu entschuldigen", sagt Bürgermeister Michael Ludwig. "Es handelt sich hier um ein Kapitel in der Geschichte unserer Stadt, das nie hätte geschrieben werden dürfen", ergänzt Jürgen Czernohorszky, Amtsführender Stadtrat für Bildung, Integration, Jugend und Personal.
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