Bei der ÖVP löste das Teichtmeister-Urteil - bei einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren liegen zwei Jahre im oberen Drittel, dass bei einem umfassend geständigen Ersttäter eine bedingte Strafnachsicht gewährt wird, ist gelebte gerichtliche Praxis - scharfe Reaktionen aus.
Es müsse möglich sein, das Urteil zu kritisieren, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) im Rahmen einer Pressekonferenz nach dem Ministerrat. Als Familienvater und Staatsbürger verstehe er das Urteil persönlich nicht, das "abscheuliche Verbrechen" Teichtmeisters verurteilte er mehrmals. Gleichzeitig verurteilte Karner jedoch auch Aufrufe zur Lynchjustiz - am vergangenen Wochenende hatten etwa im Geburtsort der Mutter Teichtmeistersvorgebliche Kinderschützer demonstriert, die großteils der rechten Szene zuzurechnen waren und auch einen Galgen mitführten. Letzterer war auch am Tag der Verhandlung bei einer Demo vor dem Wiener Landesgericht zu sehen.
Karner mit Frontalangriff
Karner erwartet, dass "wir bald zu einer entsprechenden Strafverschärfung in diesem Bereich kommen." Auf eine solche hat sich die Regierung bereits im Jänner im Ministerrat geeinigt. Nachschärfen werde man bei Prävention, Opferschutz und Strafrecht, fügte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) hinzu.
"Bei vielen Menschen stößt dieses Urteil vor allem deshalb auf Unverständnis, weil Teichtmeister trotz dieser massiven Deliktsverwirklichung nicht einen Tag Haft verbüßen muss", meinte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Das sei "ein fatales Signal sowohl an Täter und auch an die Opfer. Es ist schwer zu erklären, dass bei Sexualdelikten gegen Kinder der Täter ohne Haftstrafe davonkommt. Das vermittelt den Opfern den Eindruck, dass derartige Straftaten nicht ausreichend bestraft werden". Umso wichtiger sei es, "dass der seit Monaten bei Justizministerin Alma Zadić liegende Entwurf zur Gesetzesverschärfung bei Darstellung von Kindesmissbrauch endlich umgesetzt wird."
"Wir dürfen nicht zulassen, das Kind zu Opfern werden", bekräftigte das Justizministerium. Deshalb habe die Bundesregierung ein umfassendes Paket erarbeitet, um für den größtmöglichen Schutz von Kindern zu sorgen. Dieses fuße auf drei Säulen: zielgerichteter Prävention, besserer Opferschutz und schärferen Strafen. "Im Bereich des Strafgesetzbuchs liegt ein begutachteter Entwurf vor, der vorsieht, dass die Strafen angehoben werden sollen, um den gesellschaftlichen Unrechtsgehalt der Taten widerzuspiegeln. Außerdem wird die Möglichkeit für Tätigkeitsverbote für verurteilte Täter ausgeweitet, damit diese in Zukunft nicht mehr mit Kindern und Jugendlichen arbeiten dürfen. Dieser Entwurf wird im ersten Justizausschuss nach der Sommerpause mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen", kündigte das Justizministerium an.
Auch andere Ressorts hätten erst unlängst Kinderschutzmaßnahmen umgesetzt, verwies das Justizministerium auf das Bildungsministerium und das Jugendstaatssekretariat, wo eine Zertifizierungsstelle eingerichtet wurde, die die Qualität von Kinderschutzkonzepten sicherstellt und bescheinigt. Im Bildungsministerium wiederum wurde beschlossen, verpflichtende Kinderschutzkonzepte in allen österreichischen Schulen einzuführen.
Zu Wort meldete sich am Mittwoch auch die FPÖ. Die freiheitliche Abgeordnete Susanne Fürst hielt in einer Pressekonferenz fest, dass sie mit dem Urteil "nicht glücklich" sei. Die Strafe sei bedingt ausgesprochen worden. "Das führt natürlich dazu, dass er (Teichtmeister, Anm.) das Gericht verlassen hat und keinen einzigen Tag im Gefängnis verbracht hat." Der generalpräventive Aspekt komme dadurch zu kurz. Es handle sich um eine "Einladung" für potenzielle Täter. Sie bekräftigte zudem die blaue Forderung nach eier Anhebung der Mindeststrafe.