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Verurteilter IS-Terrorist Lorenz K. bekommt neuen Terror-Prozess

31.08.2023

Der im April 2018 in Wien zu neun Jahren Haft verurteilte IS-Terrorist Lorenz K. muss sich im Herbst erneut wegen terroristischer Umtriebe im Namen der radikalislamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) vor Geschworenen verantworten.

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Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher, bestätigte der APA. Lorenz K. soll im Gefängnis erneut Anschlagspläne im Namen des IS verfolgt haben.

Die Anklage gegen den mittlerweile 24-Jährigen und einen mitangeklagten Mithäftling - die beiden lernten einander in der Justizanstalt (JA) Graz-Karlau kennen - sei bereits rechtskräftig, teilte Bacher der APA mit: "Ein Hauptverhandlungstermin ist noch nicht ausgeschrieben." Die Verhandlung wird nach derzeitigem Stand am Grazer Landesgericht für Strafsachen stattfinden. Lorenz K. werden eine Fülle terroristischer Straftaten vorgeworfen: versuchte Bestimmung zum Mord, versuchte Bestimmung zur vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel sowie die Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation. Bei anklagekonformer Verurteilung müsste der 24-Jährige, dessen reguläres Strafende unter Anrechnung der U-Haft und nach einer weiteren Verurteilung wegen schwerer Sachbeschädigung im Strafvollzug der 20. Oktober 2026 wäre, mit zehn bis 20 Jahren oder gar lebenslanger Haft rechnen.

Die Grazer Anklagebehörde hatte seit dem Sommer 2020 gegen den seit Anfang 2017 inhaftierten Lorenz K. ermittelt, der seine erneuten terroristischen Aktivitäten zunächst ab November 2019 in der JA Stein und nach seiner Verlegung nach Graz ab Jänner 2020 in der JA Karlau betrieben haben soll. Die lange Verfahrensdauer sei "der Komplexität und dem Umfang der zu beurteilenden Beweisergebnisse geschuldet", hieß es seitens der Staatsanwaltschaft. "Nach dem langen Ermittlungsverfahren ist es fast eine Erleichterung, endlich die Gelegenheit zu erhalten, sich vor den Geschworenen, die über die Anklage entscheiden müssen, und einem Gericht zu verteidigen", meinte der Verteidiger von Lorenz K., der Wiener Rechtsanwalt David Jodlbauer. Der 24-Jährige bestreite, in seinen Hafträumen mithilfe illegal beschaffter Mobiltelefone Terror-Pläne gewälzt zu haben. "Mein Mandant ist zuversichtlich, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft entkräftet werden können", erklärte Jodlbauer auf APA-Anfrage.

Lorenz K. genießt unter IS-Sympathisanten eine Art Kult-Status, und das nicht nur in Österreich, sondern zumindest im gesamten deutschsprachigen Raum. Obwohl er seit vielen Jahren in Haft sitzt, stuft ihn die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) weiterhin als so genannten Gefährder ein. Er soll im Gefängnis nicht nur unmittelbaren Kontakt zu anderen verurteilten Terroristen aufgenommen und unterhalten, sondern auch Mitgefangene mit dem Gedankengut des IS vertraut gemacht bzw. in ihrer Gesinnung bestärkt haben. Einer davon war ein mehrfach vorbestrafter 33-Jähriger, der in der JA Graz-Karlau eine langjährige Freiheitsstrafe wegen versuchten Raubmordes verbüßt. Der nunmehr mitangeklagte 33-Jährige erhielt von Lorenz K. über WhatsApp ein IS-Propagandavideo, das dieser dann weiterverbreitet haben soll.

Im Gefängnis soll Lorenz K. - Sohn albanischstämmiger Eltern - versucht haben, eine Terrorzelle zu bilden. Dazu wollte er auch einen Mitgefangenen überreden, zum Islam zu konvertieren. Doch der 27-Jährige lehnte ab.

Lorenz K. hatte als 17-Jähriger aus radikalislamistischen Beweggründen einen Bombenanschlag auf den deutschen US-Truppenstützpunkt Ramstein geplant, zudem wollte er einen damals Zwölfjährigen Ende November 2016 mit einem selbst gebauten Sprengsatz zu einem Selbstmordanschlag auf einen Weihnachtsmarkt im deutschen Ludwigshafen anstiften. Obwohl er dafür vom Wiener Landesgericht für Strafsachen zu neunjähriger Haft verurteilt wurde, legte er seine dem IS verhaftete Gesinnung offenkundig nicht ab. Der vorliegenden Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Graz zufolge betätigte er sich nicht nur via Instagram als IS-Propagandist - mehrere Dutzend Anhänger hatten ihn abonniert. Lorenz K. wollte vor allem einen User, der sich Manfred U. nannte, zur Verübung eines Selbstmordattentates durch Einsatz eines Sprengsatzes an einem nicht näher bestimmten Ort in Österreich oder Deutschland bringen, wie in der Anklageschrift - sie liegt der APA vor - unter Bezugnahme auf Auswertungen von Instagram-Chats ausgeführt wird. Entsprechende Anleitungen zur Herstellung einer Bombe seien im Internet "überall" zu finden, hielt Lorenz K. fest.

Zeitgleich kommunizierte Lorenz K. mit einem weiteren IS-Anhänger, dem er unter anderem Hinrichtungsvideos des IS schickte und von dem er ebenfalls einen Selbstmordanschlag einforderte. "Die ummah (Gemeinschaft, Anm.) braucht dich wo anders. Du musst shahid (Märtyrer, Anm.) werden", ließ Lorenz K. seinen Gesprächspartner wissen. Er leitete Joel P. auch ein Bild von einer Bombe weiter, wobei er anmerkte, in der "Verpackung" sei "ein Rohr mit Nägel und Zeitzünder. Meine Bombe. Also wegen dem bin ich hier (gemeint: in Haft, Anm.)". Die radikalen Ausführungen des 24-Jährigen gingen dem deutschen Staatsangehörigen am Ende zu weit. "Lorenz, wir müssen uns über deine Zukunft unterhalten. So geht das nicht weiter, immer die Ungläubigen zu jagen", meinte der Mann.

Ende Juli 2020 lud sich Lorenz K. in seiner Zelle ein vom IS produziertes Video auf sein Handy, auf dem unter anderem zu sehen ist, wie eine Geisel des IS getötet wird, eine Bombe gebastelt und ein Sprengsatz gezündet wird. Diese Datei übermittelte er einer unbekannten Person, die bisher nicht ausgeforscht werden konnte. Ungeachtet dessen qualifiziert die Staatsanwaltschaft auch das als versuchte Bestimmung zum Mord.

Auffallend ist, dass Lorenz K. in den diversen Justizanstalten, in denen er untergebracht war - derzeit befindet er sich in der JA Sonnberg - fast durchgehend über ein Handy verfügte, obwohl das an sich verboten ist. In der JA Graz-Karlau gelangte er an ein Smartphone, das in einem Laib Brot ins Gefängnis geschmuggelt wurde, wofür laut einem Bericht des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) 800 Euro zu bezahlen waren.

Zu dieser Problematik hielt das Justizministerium am Donnerstag auf APA-Anfrage fest: "In den österreichischen Justizanstalten werden laufend Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen durchgeführt. Insbesondere werden die Hafträume der Insassinnen und Insassen in unregelmäßigen Abständen unvermutet durchsucht. Zur Unterbindung des Einschleusens von Mobiltelefonen werden die Insassinnen und Insassen im Rahmen ihrer Außenkontakte besonders überwacht." Außerdem verfüge jede der 28 Justizanstalten über mobile Handyfinder zum Aufspüren von Mobiltelefonen, welche stichprobenweise oder bei konkretem Verdacht zum Einsatz kommen.

Die Anzahl der sichergestellten illegalen Handys im Strafvollzug ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 2017 wurden 761 Handys entdeckt, seit 2019 jedes Jahr über 1.000. 2021 wurden 1.180 verbotene Mobilfunkgeräte aufgespürt, im Vorjahr 1.078. "Die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Justizanstalten ist eine Kernaufgabe der Justizwache", betonte das Justizministerium.

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