2 Jahre teilbedingt

Anschlagspläne und Bomben-Anleitungen: HTL-Absolvent (21) vor Gericht

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Dem 21-Jährigen wurde nationalsozialistische Wiederbetätigung sowie kriminelle Vereinigung vorgeworfen. 

Am Wiener Landesgericht ist am Montag ein ehemaliges Mitglied der rechtsterroristischen "Feuerkrieg Division" zu zwei Jahren Haft, davon acht Monate unbedingt, verurteilt worden.  Der 21-Jährige stand wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung, krimineller Vereinigung, Verhetzung und Aufforderung zur mit Strafe bedrohten Handlungen vor Gericht. Er las ein vorgefasstes Geständnis vor und machte dann von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Das Gericht ging von keiner besonderen Gefährlichkeit des Angeklagten aus. 

Fragen wolle er nicht beantworten. Der Absolvent einer HTL, der zuletzt an einer FH studiert hatte, hatte sich bereits im Alter von 17 der gewaltaffinen, rechtsterroristischen Neonazi-Gruppe angeschlossen, welche europaweit bis zu 70 oft noch jugendliche Männer umfasst und einen "Rassenkrieg" und "weißen Jihadismus" als auch Attentate auf Synagogen oder Moscheen propagiert. Der Feuerkrieg Division sei er beigetreten, weil er in der Schule gemobbt wurde und sich alleine gefühlt hatte. Er suchte Anerkennung, in Nazi-Kreisen reiche es schon ein paar Mal "Heil Hitler" zu sagen. 

Was er in Chats geschrieben hätte, sei ihm heute mittlerweile peinlich. 

Neonazi Prozess Landesgericht
© APA/Roland Schlager
× Neonazi Prozess Landesgericht

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× Neonazi Prozess Landesgericht

Bei dem jungen Angeklagten aus Favoriten wurden bei einer Hausdurchsuchung im Mai neben Propagandamaterial auch NS-Devotionalien wie Schusswaffen, eine schusssichere Weste, ein Messer und eine Gasmaske sichergestellt. In einem Chat namens Riot, was so viel wie Aufstand bedeutet, soll er zu Anschlägen gegen jüdische Einrichtungen und Minderheiten und zu ethnischen Säuberungen in Europa aufgerufen haben. Zudem habe er Anleitungen zum Bombenbauen und Herstellen von Schusswaffen verbreitet. Er verherrlichte auch den rechtsextremen Attentäter von Christchurch, der im März 2019 mit Schusswaffen insgesamt 51 Menschen getötet hatte.

Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hatte den Angeklagten im Vorjahr in einer eingehenden Analyse als Gefährder eingestuft. Der 21-Jährige sei in der rechtsextremen Ideologie "tief verwurzelt", hieß es. Dem jungen Mann wurden eine "ausgeprägte Waffenaffinität" und "Gewalt- und Allmachtsfantasien" bescheinigt. Wegen Tatbegehungsgefahr befindet er sich auch in U-Haft. "Es gibt keine konkreten Anschlagspläne, aber in Zusammenschau des Ganzen zeigt sich ein bedenkliches Bild hinsichtlich der Gefährdungslage", so der Staatsanwalt. Vom Angeklagten gehe "immer noch eine Gefahr aus".

Die mittlerweile zerschlagene "Feuerkrieg Division" sei eine "schwer terroristische rechtsextremistische Vereinigung" gewesen, deren Mitglieder hätten online "massive Tathandlungen zumindest besprochen". Der Angeklagte, der sich - angelehnt an eine Figur aus einem Werk des Horror-Autors H. P. Lovecraft - in den FDK-Chats "vOOrm" nannte, habe sein Wissen als abgehender Medientechniker und seine Ideen eingebracht und sich engagiert.

"Die Sachen hat er geschrieben, das ist so. Da fährt die Eisenbahn drüber", kündigte Verteidiger Peter Kraus ein "reumütiges Geständnis" des 21-Jährigen ein. Dieser habe mit 17 Jahren Probleme in der Schule und keinen Anschluss gehabt. Bei seinem Mandanten sei aber keine "besondere Gefährlichkeit" gegeben. 

Der Verteidiger hob in diesem Zusammenhang hervor, der 21-Jährige habe nach der ersten Hausdurchsuchung von sich aus den Austritt aus einer rechten Burschenschaft erklärt und sämtliche Kontakte zu ehemaligen Gesinnungsgenossen bei der "Feuerkrieg Division" abgebrochen.

Er sei zurück zu seinen Eltern gezogen, habe seine Telefonnummer gewechselt und sich freiwillig einem Deradikalisierungsprogramm unterzogen. Außerdem habe er während eines Assistenzeinsatzes beim Bundesheer Einrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) geschützt: "Mit geladener Waffe. Wenn er Anschlagspläne gehabt hätte, wäre es ein leichtes gewesen, die umzusetzen. Hat er nicht gemacht."

Die heimischen Verfassungsschützer waren 2020 auf den damals 17-Jährigen aufmerksam geworden. Die Ausforschung des Angeklagten gestaltete sich schwierig, da er aufgrund seiner Ausbildung seine elektronischen Spuren gekonnt durch Verschlüsselung zu verschleiern vermochte. Zunächst wurde irrtümlich davon ausgegangen, bei "vOOrm" handle es sich um einen User in Deutschland. "vOOrm" nutzte für sein Kommunikationsverhalten - er betrieb auch einen eigenen Telegram-Kanal namens "vOOrm's bunkerhole" mit etwa 265 Teilnehmern - CG-NAT-IP-Adressen, die keine Informationen über die Nutzerin oder den Nutzer beziehungsweise den tatsächlichen Aufenthaltsort eines Endgerätes geben.

Fehler: Loggte sich mit Handy in der Schule ein

Auf die Spur des "Feuerkriegers" kam man erst nach umfassenden, Länder übergreifenden Ermittlungen, dank internationaler Kooperationen und detaillierter Analysen von Chatinhalten. Die wesentlichste Rolle spielte jedoch ein Fehler, der dem HTL-Schüler unterlief. Er hatte sich mit seinem Handy in der Schule einige Mal ins öffentliche WLAN eingeloggt.

"Er teilte mehrere Dateien, die eine rechtsextreme Radikalisierung, Waffenbau, Fallenbau, Unterlagen zu Guerilla-Kriegen sowie Anleitungen zum Aufbau und zur Führung von paramilitärischen sowie nichtmilitärischen Organisationen zum Thema hatten. Darüber hinaus wurden Anleitungen für Waffenmodifikationen mittels 3D-Drucker mit den radikalen FKD-Mitgliedern geteilt", heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht 2023 über den Angeklagten.

"Und wirfst es in Gruppe von Juden"

Die prozessgegenständlichen Chats machen das Gewaltpotenzial deutlich, das zumindest im Tatzeitraum in dem jungen Mann steckte. "Soll ich mit den dreckigen Muslimen beten oder mich unter die Juden mischen, wenn sie eines ihrer Treffen abhalten, und ihm eine explosive Wendung geben?", fragte er einen seiner Gesprächspartner. An einer anderen Stelle riet er: "Oder du mixt einfach Bleiche mit Ammoniak in einer Flasche, schüttelst es ein bisschen und wirfst es in eine Gruppe von Juden." Bei der Mischung wird tödliches Chlorgas freigesetzt. An einer anderen Stelle fantasierte der junge Mann, bald werde "die Zeit kommen", um "die Juden in die Schranken zu weisen".

Die Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger ergab, dass er Informationen über rechtsterroristische Anschläge, Amokläufe, Attentäter, Waffen und Schießtrainings regelrecht gesammelt und sich zudem eine Sturmhaube, einen flammenhemmenden Overall, taktische Ausrüstung sowie militärische Kleidung besorgt hatte.

Nach seiner Festnahme hatte der junge Mann den Ermittlern in einer Beschuldigteneinvernahme versichert, er habe nie daran gedacht, das in die Tat umzusetzen, was er in den Chats von sich gegeben hatte: "Ich glaube an den Scheiß nicht." An das würden nur "Kinder, geistig Zurückgebliebener und Versager im Leben" glauben. Als er mitbekommen hätte, dass ein FDK-Mitglied namens "Commander" - es handelte sich dabei um einen erst 13 Jahre alten estnischen Buben - tatsächlich eine Bombe platziert hatte, die nicht explodierte, habe er mit der Bewegung abgeschlossen.

Aus dem aktuellen Verfassungsschutz geht übrigens auch hervor, dass der Angeklagte an Treffen der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) teilgenommen hatte. Im August 2020 war er bei einem so genannten Stammtisch der von Martin Sellner gegründeten Nachfolgeorganisation "Die Österreicher DO5" dabei. Als dieser von Linken angegriffen wurde, soll der Angeklagte ein Messer bzw. einen messerähnlichen Gegenstand gezogen und die Angreifer damit abgewehrt haben.

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