Der emeritierte Weihbischof der Erzdiözese Wien, Helmut Krätzl, ist tot.
Wien. Helmut Krätzl, der am Dienstag im Alter von 91 Jahren gestorben ist, war eine der verbindenden Persönlichkeiten - nicht nur in der römisch-katholischen Kirche, sondern auch in der Ökumene und im interreligiösen Dialog. Der gebürtige Wiener galt als Brückenbauer und war mit Humor und Erzähllaune gesegnet. Seine für katholische Verhältnisse liberale Seite entdeckte er nicht erst am Ende seines Lebens. So schlug er etwa früh vor, auch verheiratete Männer zu Priestern zu weihen.
Von Innitzer zum Priester, von König zum Bischof geweiht
Krätzl wurde am 23. Oktober 1931 in Wien geboren, studierte nach seiner Matura 1949 an der Universität Wien Theologie und wurde 1954 in Wien von Kardinal Theodor Innitzer zum Priester geweiht. Sein geistliches Wirken begann Krätzl als Kaplan in Baden bei Wien. 1956 wurde er zum Zeremoniär des damals neuernannten Erzbischofs von Wien, Franz König, berufen. 1959 promovierte er an der Universität Wien zum Doktor der Theologie. An der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom erwarb er 1964 sein zweites Doktorat in Kirchenrecht. Im selben Jahr trat Krätzl sein Amt als Pfarrer in Laa an der Thaya an, das er bis 1969 innehatte.
Kardinal König bestellte Krätzl 1969 zum Ordinariatskanzler der Erzdiözese Wien. 1977 wurde er von Papst Paul VI. zum Weihbischof für die Erzdiözese Wien ernannt und gemeinsam mit Florian Kuntner im Wiener Stephansdom geweiht. Von 1981 bis 1985 übte er die Funktion des Generalvikars der Erzdiözese Wien aus. Nach dem Rücktritt Königs als Erzbischof von Wien wurde er 1985 vom Wiener Domkapitel zum Diözesanadministrator der Erzdiözese gewählt, eine Funktion, die er bis zum Amtsantritt Hans Hermann Groers im Jahr 1986 innehatte. Groer ernannte Krätzl 1987 zum Bischofsvikar für die Bereiche Erwachsenenbildung und Priesterfortbildung. In der Österreichischen Bischofskonferenz hatte Krätzl, dessen Wahlspruch "In der Kraft Gottes" lautet, insbesondere die Ressorts "Schule" und "Kirche und Gesellschaft" inne.
Zwanzig Jahre hindurch war Krätzl in der Österreichischen Bischofskonferenz "Schulbischof", und damit zuständig für den Religionsunterricht im Allgemeinen, für die Privatschulen und für die Schulpolitik. Im Rahmen der Österreichischen Bischofskonferenz war er für die Erwachsenenbildung, das Katholische Bibelwerk und das Seminar für Kirchliche Berufe zuständig. Das Referat "Ökumene" teilte er sich mit Kardinal Christoph Schönborn. Papst Benedikt XVI. nahm am 6. März 2008 das Rücktrittsgesuch von Weihbischof Krätzl an. Sein Nachfolger wurde Stephan Turnovszky.
Angesehener Repräsentanten der katholischen Kirche in Österreich
Krätzl zählte zu den angesehensten Repräsentanten der katholischen Kirche in Österreich. Sein Einsatz für die Verwirklichung des Zweiten Vatikanischen Konzils, für ökumenische Verständigung und für den Dienst der Kirche an der Gesellschaft von heute findet weit über den kirchlichen Bereich hinaus Beachtung. Auch äußerte er sich immer wieder zu umstrittenen Themen innerhalb der römisch-katholischen Kirche. Anlässlich seines diamantenen Priesterweihejubiläums sprach er sich 2014 für eine Öffnung der katholischen Kirche bei den Themen Zölibat und Interkommunion mit evangelischen Christen aus. Die Bischöfe sollten gemäß der Aufforderung von Papst Franziskus "mutige Vorschläge machen".
In den letzten Jahren haben zunehmende gesundheitliche Beschwerden die Möglichkeiten des öffentlichen Wirkens des 91-jährigen Weihbischofs beeinträchtigt. Er lebte zurückgezogen in Wien, nahm jedoch, soweit es ging, noch am kirchlichen Leben teil. So konnte Krätzl am 9. Jänner noch den Gedenkgottesdienst der Bischofskonferenz für den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. im Stephansdom im Rollstuhl sitzend mitfeiern.