Nach Worwürfen

Wilderer-Massaker: Das Cobra-Protokoll

20.09.2013

Am vergangenen Dienstag starben fünf Menschen beim Wilderer-Massaker.

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© APA/Robert Jäger
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Nach dem Massaker von Annaberg gibt es nach wie vor viele offene Fragen zum Einsatz. In einer E-Mail erhebt ein Insider schwere Vorwürfe. Absender ist „anonymus.cobra“. Darin prangert der Verfasser den Cobra-Einsatz vom vergangenen Dienstag an. Drei Polizisten, ein Sanitäter und der Wilderer Alois Huber (55) starben. In ÖSTERREICH nimmt Cobra-Chef Bernhard Treibenreif zu den Vorwürfen Stellung und erklärt, wie der Einsatz ablief. Das Protokoll des Cobra-Chefs:

  • So durchbrach Täter Sperre. Montagnacht, 23.30 Uhr, errichtet die Cobra eine Straßensperre bei Annaberg: „Wir wussten, dass der Wilderer immer zur Hirschbrunft zuschlägt", so Treibenreif. Dann ging alles Schlag auf Schlag: „Die erste Straßensperre konnte der Täter durch zweimaligen Anlauf und durch die regennasse Straße mit seinem Auto durchbrechen, dann fuhr er weiter und eröffnete auf die Kollegen das Feuer.“
  • „Kollegen sprangen aus Auto.“ Um 23.35 Uhr kommt es zum Schusswechsel. Der Cobra-Chef: „Alle vier Beamten sprangen aus dem Auto und gaben Dauerfeuer. Bei diesem Gefecht wurde ein Kollege leider getroffen.“
  • „Keine Schutzweste.“ Treibenreif räumt in ÖSTERREICH aber ein: „Der Kollege, der tödlich getroffen wurde, trug keine Schutzweste.“

In anonymer E-Mail werden vier Vorwürfe erhoben
Der Cobra-Chef äußert sich auch zu den konkreten Vorwürfen in der E-Mail:

  • Vorwurf 1: veraltete Ausrüstung. Der Wilderer hätte laut E-Mail „nicht verfolgt werden können, da eine optimale Nachtkampftauglichkeit aufgrund von fehlenden und veralteten Nachtsichtgeräten-Gewehroptiken nicht gegeben“ gewesen sei.
  • Vorwurf 2: schlechter Schutz. Die Schutzwesten seien laut dem Insider veraltet und würden nicht vor Langwaffen schützen. Treibenreif weist die beiden Vorwürfe zurück: „Unsere Ausrüstung ist das Beste, was derzeit am Markt ist.“
  • Vorwurf 3: zu wenig Personal. Weiterer Vorwurf in der E-Mail: Der ursprünglich vorgesehenen 13 Beamten für die Suche nach dem Wilderer seien beim Errichten der Straßensperre auf L 101 bei Annaberg „lediglich drei Cobra-Beamte eingesetzt worden“. Treibenreif dazu: „Es gab nicht zu wenig Personal, alleine in der Nacht waren erst zwölf, dann 50 Beamte dort.“
  • Vorwurf 4: Einsatzplan fehlerhaft. Auch beim Einsatzplan soll es laut der anonymen E-Mail Mängel gegeben haben. Dazu der Cobra-Chef: „Der Einsatz ist planmäßig verlaufen. Ein atypisches Verhalten des Täters kann man nicht verhindern.“


Der Cobra-Chef kündigt aber genaue Auswertungen aller Handlungen an: Jetzt starten interne Untersuchungen.


Cobra-Chef Bernhard Treibenreif: "Kollege trug bei Einsatz keine Schutzweste"

ÖSTERREICH: Es werden jetzt viele Vorwürfe gegen den Einsatz vom vergangenen Dienstag laut. Wie sehen Sie das?
B. Treibenreif: Der Einsatz in Niederösterreich am vergangenen Dienstag war planmäßig. Ein atypisches Verhalten des Täters kann man nicht verhindern. Erklärbar ist die Eskalation nur mit einer enormen Gewaltbereitschaft des Täters.

ÖSTERREICH: Sind dabei trotzdem auch Fehler vonseiten der Cobra passiert?
Treibenreif: Wir haben uns seit Jahren mit diesem Fall beschäftigt, einmal nur das EKO Cobra, einmal das LKA NÖ und diesmal hatten wir eine kooperative Fallführung. Es gab nicht zu wenig Personal, alleine in der Nacht waren erst zwölf, dann 50 Beamte dort.

ÖSTERREICH: Sie sagen, dass sich die Cobra seit Jahren mit dem Fall beschäftigt. Gab es einen konkreten Hinweis?
Treibenreif: Nein, aber die Polizei wusste, dass der Wilderer immer zur Hirschbrunftzeit zuschlägt. Vor drei Jahren baten sie uns um Unterstützung. Seitdem waren wir an dem Fall schwerpunktmäßig dabei, manchmal auch nur als Berater tätig.

ÖSTERREICH: Besonders laut ist die Kritik in Bezug auf angeblich veraltete Schusswesten. Stimmt das?
Treibenreif: Wir haben Topmaterial. Die Cobra hat erst vor drei oder vier Jahren neue Schutzwesten bekommen, in einer großen Stückzahl. Es war eine riesige Beschaffung über Millionen Euro. Sie sind das Beste, was am Markt erhältlich ist.

ÖSTERREICH: Wurden die Westen beim Einsatz getragen?
Treibenreif: Nein. Der Kollege, der tödlich getroffen wurde, trug keine Weste. Das muss natürlich alles untersucht werden. Aber man fährt auch normalerweise nicht mit der bis zu 16 Kilogramm schweren Weste zu einem Einsatz.

ÖSTERREICH: Wie geht es jetzt weiter?
Treibenreif: Wir warten die Erhebungsergebnisse der Staatsanwaltschaft ab.

Was wusste die Geliebte des Killers?
„Die Putzi“ – so nannte der Waldkiller Alois Huber seine heimliche Geliebte. Der Hintergrund des Kosenamens: Sie war gleichzeitig seine Haushälterin. Doch niemand durfte offiziell etwas davon wissen, geschweige denn mehr von ihr erfahren. Nicht mal seine besten Freunde wissen den Vornamen der Geliebten des Polizisten- und Sanitäter-Mörders. Nur so viel drang durch: „Immer am Freitag haben sie sich gesehen. Da kam sie regelmäßig zu ihm putzen“, sagte der Freund des Killers Manfred H. am Samstagnachmittag zu ÖSTERREICH. „Dann haben sie auch zusammen gekocht und gegessen. Doch er hielt sie von uns fern.“ Außerdem soll er seine „Putzi“ auch schon zum Motorradfahren mitgenommen haben und bei einer der Biker-Touren gab es einen romantischen Zwischenstopp mit Abendessen bei Kerzenlicht.

 

 

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