Kampfgas
Wirbel um Giftgas-Produktion in Kärnten
21.11.2024
Chlorgas – eine der gefährlichsten Substanzen für Mensch und Umwelt und wird seit dem Ersten Weltkrieg als Kriegswaffe eingesetzt. In Brückl, bei der Firma Donau Chemie, wird es ganz legal in großen Mengen hergestellt.
Chlorgas wird seit dem Ersten Weltkrieg als Kriegswaffe eingesetzt und wird auch noch im 21. Jahrhundert als todbringende Waffe verwendet: 2016 kamen bei einem Giftgasangriff in Syrien in der Stadt Aleppo Hunderte Zivilisten durch das stark ätzende, grünlich-gelbe Gas ums Leben.
Wie kann es sein, dass das Kampfgas namens Chlorgas in Österreich in großen Mengen und ganz legal produziert werden darf? In der malerischen 2.270 Einwohner zählenden Gemeinde Brückl in Kärnten wird bei der Firma Donau Chemie das todbringende Gas hergestellt.
Tickende Zeitbombe
Mehrere schwere Unfälle im Werk der Donau Chemie in Brückl – im August 2023 gab es einen technischen Defekt, bei dem 50 Kilogramm Chlorgas entwichen und im September 2015 traten 164 Tonnen Säure aus, die teilweise in den benachbarten Fluss Gurk gelangten und ein Fischsterben zur Folge hatten – beunruhigen zusehends die Anrainer. Sie fragen sich, ob das Chlorgas nicht eine tickende Zeitbombe ist, neben der sie leben. Auf Anfrage von oe24 wollte sich die Donau Chemie leider nicht äußern.
Giftgaslagerung – kaum Sicherheitsvorkehrungen
Chlorgaslager. „Ich kann kaum glauben, dass dieses Giftgas mitten in Österreich in einem Lagerraum in großer Menge gelagert wird. Und das in einzelnen, losen, gelben Hochdruckflaschen“, schlägt ein Augenzeuge gegenüber oe24 Alarm. Er bezieht sich auf das Chlorgas-Lager der Donau Chemie in Brückl. Dort wird Chlorgas in Stahlflaschen zu 50 und 65 Kilogramm gelagert. „Da gibt es kaum Sicherheitsvorkehrungen“, warnt der Insider von einem großen Giftgas-Lager mitten in Österreich. Auch eine große Greenpeace-Studie gelangte zum Ergebnis, dass Chlor krank macht.
Für den Bezug vonCchlorgas benötigt man einen behördlichen Giftgasbezugsschein
Im Ort traut sich niemand wirklich vors Mikrofon, da das Werk der größte Arbeitgeber im Ort ist und jeder jemanden kennt, der dort arbeitet. „Mit denen legt man sich besser nicht an“, erklärt ein ehemaliger pensionierter Mitarbeiter und ergänzt, dass viele Bewohner gar nicht wissen bzw. wussten wie gefährlich Chlorgas tatsächlich ist und wie schnell es sich verbreiten kann und auch als Kampfgas Verwendung findet.
Von der Donau Chemie werde das Chlorgas unter anderem für die Pool- und Hallenbad-Desinfektion verkauft, informiert das Unternehmen und beteuert, dass jeder Käufer eine „behördliche Giftbezugsbescheinigung“ benötige.
Alternative zu Chlorgas zur Desinfektion
Aber gibt es keine andere Option für die Desinfektion von Schwimmbädern? Die beste Schutzmaßnahme wäre lt. dem deutschen Sicherheitsingeneur Ulf-J. Schnappmann die Umstellung der Desinfektionsverfahrens auf weniger gefährliche Verfahren wie zum Beispiel die Elektrolyse-Desinfektion und dann müssten die Einwohner hier, wie sie berichteten, nicht mehr mit der Angst vor dem todbringenden Gas leben.
Interview mit Wolfgang Germ, stv. Branddirektor der Feuerwehr Klagenfurt
Höchste Gefahrenstufe
ÖSTERREICH: Wie kann man sich den Feuerwehreinsatz bei einem Unfall mit Chlorgas vorstellen?
WOLFGANG GERM: Zuerst müssen wir feststellen, aus welcher Richtung der Wind kommt, dann das Leck lokalisieren und großräumig absperren und evakuieren.
ÖSTERREICH: Wie sieht die Schutzausrüstung für den Einsatz aus?
GERM: Der Befehl lautet: Menschenleben retten! Bei einem Chemieunfall gilt höchste Schutzstufe 3 und die Verwendung von CSA Chemie-Schutzanzügen, die die Feuerwehrleute von der Umwelt total isoliert – egal mit welchem chemischen Gas sie in Berührung kommen, es kann den Feuerwehrmann nicht schädigen.