ÖSTERREICH: Herr Bundeskanzler, warum macht die Regierung
das Budget nicht im Sommer fertig sondern hält die Wähler am Schmäh? FAYMANN:
Also, wer verlangt, dass das Budget für 2011 im August fertig sein
soll, der hat keine Ahnung von Budgetfragen - denn das Budget war noch
nie im Sommer fertig sondern immer erst Ende Oktober. ÖSTERREICH:
Diesmal soll es aber bis Dezember dauern. FAYMANN: Ich
glaube, dass den Österreichern nicht wichtig ist, wann die Budgetrede
stattfindet, sondern was im Budget drin steht. Und da haben der
Finanzminister und ich die Nationalratspräsidentin um ein paar Wochen
Aufschub gebeten, damit wir die aktuellen Wirtschaftsentwicklungen
einarbeiten können. ÖSTERREICH: Der
Bundespräsident will, dass Sie die Frist 22. Oktober einhalten. FAYMANN:
Die Entscheidung, wann die Budgetrede gehalten wird, liegt
ausschließlich bei der Nationalratspräsidentin. Sie und das Parlament
setzen den Termin für die Budgetrede fest und diese Entscheidung
werden wir akzeptieren. ÖSTERREICH: Der Vorwurf ist,
dass Sie Wähler täuschen, wenn Sie das Budget erst nach den Wahlen
präsentieren... FAYMANN: Davon kann keine Rede sein,
weil ich alle meine Steuerpläne vor der Wahl offen auf den Tisch lege
- und ich lade den Finanzminister ein, das selbe zu tun. Dann kann
jeder Wähler entscheiden, welche Vorschläge er gut findet. ÖSTERREICH:
Der Finanzminister sagt, er will sparen und keine neuen Steuern. FAYMANN:
Wunderbar, da haben wir uns längst geeinigt: 60 Prozent der
notwendigen Mehreinnahmen durch Sparen und 40 Prozent durch neue
Einnahmen. Ich wehre mich nur dagegen, jetzt in eine Spar-Panik zu
verfallen. Wir haben weniger Schulden als andere EU-Staaten. ÖSTERREICH:
Der Finanzminister sagt, wir gehen durch ein Tal der Tränen. FAYMANN:
Das ist literarisch ambitioniert, aber sachlich heillos übertrieben.
Der Finanzminister hat keinen Grund zum Masochismus - wir sind nicht
Griechenland. ÖSTERREICH: Wo soll wirklich gespart
werden? FAYMANN: Ganz klare Antwort: Verstärkt in
Bürokratie und Verwaltung. Weg mit allen Doppelbesetzung wie etwa den
Bezirksschulräten. ÖSTERREICH: Hat die
Unterrichtsministerin ihre Unterstützung für ein neues Dienstrecht der
Lehrer? FAYMANN: Hundertprozentig. Das neue Dienstrecht der
Lehrer mit zwei Stunden mehr Lehrverpflichtung muss Teil des Budgets
2011 sein. Aber schrittweise und im Dialog mit den Lehrern. ÖSTERREICH:
Hat die Beamtenministerin Ihre Rückendeckung für eine Null-Lohnrunde
bei den Beamten? FAYMANN: Sie hat ein klares Konzept, wie
sie sparen will - Bürokratie einschränken, Zulagen durchforsten, da
gibt es viele Möglichkeiten gemeinsam mit den Beamtenvertretern die
Sparpotentiale auszuschöpfen, sodass es nicht zu einer Null-Lohnrunde
kommen muss. Ich mische mich in Verhandlungen nicht ein, sage aber:
Ich halte ein Null-Lohnrunde bei allen - vor allem bei kleinen
Einkommen - nicht für sinnvoll und notwendig wenn man alle
Sparpotentiale wie Zulagen ausnützt. ÖSTERREICH:
Wie mutig sind Sie bei der Abschaffung der Wehrpflicht? FAYMANN:
Sehr mutig, weil für die Beibehaltung der Wehrpflicht und des
Präsenzdienstes bin, solange uns Länder wie Deutschland nicht bewiesen
haben, dass sie mit der Abschaffung der Wehrpflicht Geld einsparen.
Ein Berufsheer, das das Doppelte der Wehrpflicht kostet - wie der
Verteidigungsminister berechnet - ist für mich eine
Horror-Vorstellung. Das Geld will ich für Bildung und Unis. ÖSTERREICH:
Mit welchen neuen Steuern soll die Einnahmeseite des Budgets geregelt
werden? FAYMANN: Klar ist, es darf keine Massensteuern
geben - sicher auch keine Öko-Steuer solange sie eine verdeckte
Massensteuer ist und nur die Energie-kosten für jeden Haushalt
verteuert. Ich will definitiv eine Bankensteuer, die 500 Millionen
Euro bringt und die sich an der Bilanzsumme der Bank bemisst. ÖSTERREICH:
So brutal wie die Ungarn? FAYMANN: Ganz sicher nicht so
brutal wie die Ungarn, die planen das Vierfache von uns - bei uns soll
die Bankenabgabe maßvoll sein und unter 0,5 % der Bilanzsumme liegen. ÖSTERREICH:
Sie planen die Transaktions-Steuer - auch für Österreich alleine? FAYMANN:
Ich kämpfe für eine europaweite Transaktionssteuer und bin
zuversichtlich, dass wir die bis 2011 schaffen. Wenn nicht sollte in
Österreich für 2011 als erster Schritt, als Puzzlestein so wie in
anderen Ländern der EU eine Börse-Umsatzsteuer eingeführt werden. ÖSTERREICH:
Kommt die vermögenssteuer? FAYMANN: Ganz sicher. Eine
Vermögenszuwachs-Steuer von 1 Prozent auf das Vermögen soll im neuen
Budget enthalten sein und zwar als Quellensteuer, die direkt bei den
Banken eingehoben wird, damit keiner tricksen kann. ÖSTERREICH:
Kommt die Besteuerung der Stiftungen? FAYMANN: Sicher, das
will jetzt sogar die ÖVP. ÖSTERREICH: Und die
Idee der SPÖ, künftig alle Einkommen über 300.000 Euro mit 5 % mehr zu
besteuern... FAYMANN: ...ist vom Grundsatz gut und richtig,
aber noch nicht ausdiskutiert. Wenn wir unsere Sparziele erreichen
wird diese Solidarabgabe und auch eine Grundsteuer, die sicher erst
jenseits von 500.000 Euro Grundbesitz denkbar ist, nicht nötig sein.
Ich sage nur eines: Keine Massensteuern mit mir als Kanzler.
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