Der Rechtsausschuß des Europaparlaments muss ihn nun bearbeiten.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat die Aufhebung der parlamentarischen Immunität des Europaabgeordneten Hans-Peter Martin beantragt. "Der Antrag wurde von uns weggeschickt", sagte am Mittwoch der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Thomas Vecsey.
"Schwerer Betrug", "Untreue", "Förderungsmissbrauch"
Der EU-Abgeordnete und frühere Büroleiter der "Liste Martin" in Brüssel, Martin Ehrenhauser, hatte Martin bei der Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf "Schweren Betrug", "Untreue" und "Förderungsmissbrauch" angezeigt. Ehrenhauser wirft Martin vor
, aus der Wahlkampfkosten-Rückerstattung "eine Million Euro Steuergeld abgezweigt" zu haben. Martin bestreitet die Vorwürfe.
Weitere Ermittlungen in Österreich gegen Martin können nur durchgeführt werden, wenn die Immunität des Abgeordneten aufgehoben wird. Bisher ist der Antrag noch nicht im Europaparlament eingegangen, erklärte eine Parlamentssprecherin am Mittwoch. Der Antrag müsse formal von der Staatsanwaltschaft an die Oberstaatsanwaltschaft und dann weiter an das Justizministerium geleitet werden, bevor er an das EU-Parlament gehe, sagte Vecsey.
Rechtsausschuß des Europaparlaments am Zug
Zuständig für die Aufhebung der Immunität ist zunächst der Rechtsausschuss des Europaparlaments. Er müsste zunächst den Fall aufnehmen und dann auch Hans-Peter Martin Gelegenheit zur Sachverhaltsdarstellung geben. Der Ausschuss gibt dann eine Empfehlung - für oder gegen die Aufhebung der Immunität - ab, über die das Plenum des Europaparlaments abstimmt. Die nächsten Sitzungen des Rechtsausschusses sind für 23./24. Mai und für 20./21. Juni anberaumt.
Martin wies am Samstag erneut die gegen ihn von seinem früheren Mitstreiter Ehrenhauser erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit Parteiausgaben zurück. Es sei nun "Angelegenheit der unabhängigen Gerichte", die Angelegenheit zu prüfen. Bis dahin wolle er sich nicht mehr öffentlich zu den Vorwürfen äußern . Sein Anwalt und er würden die nunmehrige Arbeit der Staatsanwalt "mit Hochdruck" unterstützen. "Zugleich werden die notwendigen Klagen und Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft vorbereitet", erklärte der EU-Abgeordnete.
Einstiger Weggefährte beharrt auf HPM-Rücktritt
Ehrenhauser betonte indes in einer Aussendung: "Ein Rücktritt muss unabhängig von einer möglichen strafrechtlichen Verurteilung erfolgen. Es ist bereits bewiesen, dass Hans-Peter Martin die Prinzipien Sparsamkeit, Kontrolle und Transparenz gebrochen hat. Die politischen Konsequenzen müssen daher unabhängig von Gerichtsentscheidungen erfolgen."
Bereits im Jahr 2008 hatte das Europaparlament die Immunität von Martin aufgehoben. Mit dem Beschluss machte das EU-Parlament damals den Weg für eine Privatklage von Martins früherer Steuerberatungskanzlei Merkur Treuhand frei. Die Kanzlei hatte den EU-Abgeordneten in Zusammenhang mit der Verwendung der Sekretariatszulage für Mitarbeiter auf Kreditschädigung geklagt. Das Strafverfahren, das die frühere Steuerberatungskanzlei des damaligen Finanzstaatssekretärs Christoph Matznetter (S) wegen Kreditschädigung gegen den EU-Abgeordneten angestrengt hatte, wurde kurz darauf vom Straflandesgericht Wien eingestellt, die Anklage der Merkur-Treuhand zurückgewiesen.
Martin muss 163.381 Euro refundieren
Vergangenen Dezember bestätigte der Europäische Gerichtshof allerdings, dass Martin 163.381 Euro an das EU-Parlament zurückerstatten muss. Das Europaparlament hatte die Gelder im Jahr 2007 von ihm wegen regelwidriger Verwendung der Sekretariatszulage im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Mitarbeitern zurückgefordert. Das EU-Parlament stützte sich dabei auf eine Untersuchung des EU-Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF). In Österreich war ein Strafverfahren gegen Martin auf Basis der OLAF-Erhebungen im November 2007 mangels Beweisen eingestellt worden.