Wegen Fluchtgefahr
Julius Meinl in MEL-Affäre festgenommen
01.04.2009
Dem Oberhaupt des Mohrenimperiums werden Untreue und schwerer gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen - Er soll u.a. den Kurs der Meinl European Land-Papiere künstlich hoch gehalten haben.
Julius Meinl V ist Mittwochnacht gegen 21 Uhr auf Basis einer richterlichen Festnahmeanordnung verhaftet worden. Davor war er von den Ermittlern stundenlang zur Affäre um die Meinl European Land (MEL, heute Atrium Real Estate) einvernommen worden. Der Grund für die Festnahme ist Fluchtgefahr.
U-Haft denkbar
"Julius Meinl besitzt die Staatsbürgerschaft
des Vereinigten Königreichs. Laut Staatsanwaltschaft hatte sich die
Beweislage gegen den 49-Jährigen zuletzt verdichtet. Schon heute nachmittag
will der Haftrichter entscheiden, ob über den Eigentümer der Meinl Bank AG
die U-Haft verhängt wird. Die Staatsanwaltschaft verlangt angeblich vom
Banker eine Kaution von 100 Mio. Euro.
Untreue und Betrug
Dem Oberhaupt des Mohrenimperiums werden
Untreue und schwerer gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen. Angeblich wurde er
bereits in die Haftanstalt Josefstadt überstellt. Ausschlaggebend für die
Inhaftierung sollen die Aussagen seines früheren Partners Francis Lustig
gewesen sein, Lustig war MEL-Pressesprecher und mitbeteiligt am Aufbau der
Vertriebsorganisation für die Meinl-Papiere. Die MEL soll
Zertifikationsscheine ausgegeben haben, die über mehrere Firmen mit dem Geld
von Anlegern zurückgekauft wurden, um den Kurs der Papiere hochzuhalten.
Merkwürdige 1 Cent-Shares
Außerdem fragt sich die
Staatsanwaltschaft, was es mit den Partly-Paid-Shares vor sich gegangen ist.
Das sind teileinbezahlte Anteile, durch die der MEL sehr viel Geld entgangen
sei. 150 Millionen derartige Anteile wurden aufgelegt, für die offenbar nur
1 Cent pro Stück einbezahlt wurde. Der Vorwurf der Anklagebehörde: Man hätte
diese Anteile jederzeit einrufen können. Das ist nicht geschehen.
Die weiteren Anschuldigungen betreffen einerseits Werbematerial, in dem die MEL als quasi mündelsicher beworben wurde. Andererseits sollen bei der Ausgabe der MEL-Anteile an die Meinl Bank AG bzw. an Treuhänder zu hohe Gebühren ausbezahlt worden sein, was ebenfalls bewusst rechtswidrig geschehen sein soll.
Anwalt "vollkommen überrascht"
Der Anwalt des
Bankers, Herbert Eichenseder, weist alle gegen seinen Mandanten erhobenen
Vorwürfe zurück. Die Verhaftung sei nach einem "mehrstündigen Verhör, wo
viele Probleme ausgeräumt wurden", für ihn vollkommen überraschend gekommen,
so Eichenseder.
Auch Privatvilla durchsucht
Vor eineinhalb Monaten hatten
Hausdurchsuchungen bei Meinl stattgefunden. Am 18. Februar untersuchte die
Polizei gleichzeitig die Zentrale der Meinl Bank am Wiener Bauernmarkt,
weitere Firmenadressen und die Familienvilla in der Grinzinger Straße in
Wien-Döbling. Insgesamt wurden 13 Adressen in Österreich und ein Standort in
Bratislava von 60 Exekutivbeamten und drei Staatsanwälten überprüft. Sie
sichteten Akten teils vor Ort, teils wurden Papiere und elektronische
Datenträger mitgenommen. Julius Meinl selbst war bei der Aktion anwesend.