Die Kasachen haben einen Wiener Staatsanwalt und die Bezirkshauptmannschaft Horn angezeigt und schlagen Ermittlungen gegen NÖ Landeshauptmann Erwin Pröll vor.
Die Causa rund um den ehemaligen kasachischen Botschafter in Österreich, Rakhat Aliyev, geht in die nächste Runde. Die Kasachinnen Armangul Kapasheva und Sholpan Khasenova, Ehefrauen zweier vermisster Kasachen, haben Anzeigen gegen einen Wiener Staatsanwalt und gegen die Bezirkshauptmannschaft Horn erstattet. Die Frauen vermuten, dass Aliyev hinter der Entführung ihrer Ehemänner steckt und von den österreichischen Behörden geschützt wird.
Banker seit Jahren vermisst
Zholdas Timraliyev und Aybar
Khasenov, die Ehemänner der beiden Kasachinnen, waren Manager von Alijews
kasachischer Nurbank und sind seit Anfang des Jahres 2007 verschwunden.
Alijew steht unter Verdacht, die Männer entführt, gefoltert, und
möglicherweise getötet zu haben. Der in seiner Heimat in Ungnade gefallene
Ex-Botschafter Alijew lebt seit einigen Jahren in Österreich, die Behörden
verweigern seine Auslieferung nach Kasachstan, da ihn dort kein faires
Verfahren erwarten würde.
"Drei Säulen des Schweigens"
Kapasheva und
Khasenova werfen nun mit ihren österreichischen Anwälten Gerald Ganzger und
Gabriel Lansky den heimischen Behörden vor, Alijew vor "Befragung,
Aufklärung und Verfolgung" zu schützen. Es sei nicht geklärt,
warum Alijew einen Aufenthaltstitel für Österreich erhalten habe, warum er
nicht ausgeliefert werde beziehungsweise warum es keine entsprechenden
Ermittlungen in Österreich gebe, meinte Lansky. "Wir wollen diese
drei Säulen des Schweigens brechen."
Flotte Aufenthaltsgenehmigung
Aus diesem Grund hat man Anzeige
wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch gegen die Bezirkshauptmannschaft Horn
erstattet, wo Alijew innerhalb von zwei Tagen seinen Aufenthaltstitel
erhalten haben soll. Ebenfalls wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch angezeigt
wurde der Wiener Staatsanwalt Peter Seda - "Nichtermittlung und
Nichtauslieferung gemeinsam, das geht nicht", so Lansky. Den Namen
meldet das Nachrichtenmagazin NEWS. Zusätzlich wurde eine Beschwerde beim
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen Österreich eingebracht.
Amtsmissbrauch fürs "Schreckgespenst"
Alijew sei
in seiner Heimat als "Schreckgespenst" bekannt, er sei ein "Folterer
und Gewalttäter", so der Anwalt. Die Kasachinnen hätten ein Recht
darauf, dass die Entführungen ihrer Ehemänner aufgeklärt werden, stattdessen
werde Alijew "von der österreichischen Justiz und den Behörden geschützt",
ergänzte Ganzger. Neben den Anzeigen übergaben die Kasachinnen auch eine
Petition an das Parlamentspräsidium - damit wollen sie erreichen, dass die
Causa auch im aktuellen Spionage-Untersuchungsausschuss Thema wird.
Was hat "Gubernator" Pröll damit zu tun?
In
der Strafanzeige wird laut NEWS auch angeregt, die Rolle des
niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll zu überprüfen: "Die
überaus rasche Bearbeitung des Antrags gibt Anlass zu prüfen, ob auch der
Landeshauptmann von Niederösterreich in die Vorgänge involviert war."
Begründet wird dieser Vorschlag mit einer Aussage des früheren
Alijew-Vertrauten Alnur Mussaev. Der hatte vorige Woche vor Zeugen erklärt,
dass Alijew "die engsten Beziehungen zum Innenministerium und zum
‘gubernator’ von Niederösterreich" habe.
"Auf die ausdrückliche Nachfrage, ob er ausdrücklich den Landeshauptmann von Niederösterreich oder einen anderen Politiker meine, sagte er wörtlich, Alijew habe immer vom ‚Obersten von Niederösterreich’ gesprochen".