Gefährdet sind laut Bericht vor allem alleinerziehende Eltern.
In Österreich sind 268.000 Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre armutsgefährdet. Anlässlich des Internationalen Tags gegen Armut am Donnerstag fordert die Volkshilfe Österreich von der künftigen Bundesregierung den Kampf gegen Kinderarmut als Leitlinie. "Österreich hat Nachholbedarf, was die Wahrnehmung von Kinderbedürfnissen betrifft", sagte Erich Fenninger, Bundesgeschäftsführer der Volkshilfe Österreich, bei der Präsentation einer Studie zum Thema Kinderarmut, die in Zusammenarbeit mit der Sozialökonomischen Forschungsstelle durchgeführt wurde, am Mittwoch. Die Diakonie forderte in einer Aussendung den Ausbau präventiver Hilfen.
15 Prozent
Mit einer Quote von 15 Prozent ist die Armutsgefährdungsquote von Kindern höher als die der Gesamtbevölkerung (13 Prozent). Jedes vierte Kind könne nicht auf Urlaub fahren und mehr als jedes zehnte Kind aufgrund von schlechten Wohnverhältnissen keine Freunde zu sich einladen, so Fenninger. In Wien sind laut dem EU-Sozialbericht SILC 2011 fast ein Drittel (28 Prozent) der Kinder und Jugendlichen armutsgefährdet, in Vorarlberg ist der Anteil mit sieben Prozent am niedrigsten. Als Schwelle für die Armutsgefährdung gilt ein Haushaltseinkommen von 1.066 Euro (zwölf Monate) für Alleinlebende (pro Kind werden 320 Euro dazugezählt, pro weiterem Erwachsenen 533 Euro).
Alleinerzieher-Haushalte, kinderreiche Haushalte und Kinder aus Zuwandererfamilien sind deutlich stärker von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Kinder, die in Armut aufwachsen, sind öfter krank und ihre emotionale und kognitive Entwicklung ist oft verzögert. Sie verletzen sich häufiger, haben mehr Infektionskrankheiten, ernähren sich ungesünder und bewegen sich weniger, erklärte Verena Fabris, Vertreterin der Volkshilfe in der Österreichischen Armutskonferenz.
"Armut ist nicht nur auf das Geldbörsl bezogen", betonte Fenninger, viele Lebensreiche des Kindes würden umfasst. Auch der familiäre Zusammenhalt in Familien, die von Armut betroffen sind, sei etwa eklatant schlechter als in Familien, bei denen Geld keine Rolle spielt.
Mindestsicherung
Die Volkshilfe fordere unter anderem die Erhöhung der Richtsätze in der bedarfsorientierten Mindestsicherung, die gemeinsame Schule der zehn- bis 14-Jährigen, "um der frühen Selektion entgegen zu wirken" und eine Erhöhung des Budgets für Kinder- und Jugendhilfe, so Fenninger. Außerdem müsse die Forschung und Berichterstattung das Kind stärker als Individuum wahrnehmen und Politik gegen Kinderarmut dürfe nicht nur aus anderen Politikzielen abgeleitet werden.
Im EU-Durchschnitt (20 Prozent) liege Österreich mit der Quote von 15 Prozent noch relativ gut, so Fabris. Seit 2005 sei die Armutsgefährdungsquote von Kindern annähernd konstant geblieben.
Die Diakonie Österreich sprach sich in einer Aussendung für präventive Hilfen für Familien aus. Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich, forderte den Ausbau sogenannter "Früher Hilfen", beginnend rund um die Geburt und in den Baby- und Kleinkindjahren, sowie Investition in die Elementarpädagogik.