Afrikanische Flüchtlinge
300.000 wollen nach Österreich
18.06.2016Die besseren Kontrollen im Mittelmeer könnten Schuld an vermehrten Überfahrten sein.
Frontex schlägt Alarm. Laut Bild-Zeitung rechnet die europäische Grenzschutzagentur damit, dass alleine in diesem Jahr rund 300.000 Flüchtlinge per Boot aus Libyen über das Mittelmeer in die EU kommen. „Wir gehen von 10.000 Ausreisen pro Woche aus Libyen aus“, verrät Frontex-Direktor Klaus Rösler.
Grund für die steigende Zahl an Flüchtlingen, die die lebensgefährliche Reise wagen, dürfte laut Frontex auch die intensivere Überwachung sein. Die Seenotrettung durch die EU verleite Schlepper, „noch ungehemmter“ Flüchtlinge auf die gefährliche Reise zu schicken, da sie von der EU gerettet würden, so Rösler.
Regierung fordert Asyl-Zentren in Nordafrika
Indes einigte sich Österreichs Regierung nach monatelangen Streitereien nun auf eine Asyllinie. Ein gemeinsamer Forderungskatalog von Innenminister Sobotka (ÖVP), Außenminister Kurz (ÖVP) und Verteidigungsminister Doskozil (SPÖ) an die EU – ÖSTERREICH berichtete – soll dafür sorgen, dass weniger Flüchtlinge nach Europa kommen. Kernstück sind neue Asylzentren in Nordafrika, zu denen im Mittelmeer aufgegriffene Asylwerber zurück- gebracht werden. Dort will man auch gleich die Asylverfahren abwickeln.
Druck. Doch Wolfgang Sobotka will jetzt auch in Österreich selbst den Druck erhöhen. Er will die sogenannte Asyl-Notverordnung am liebsten „sofort einsetzen“, wie er im ÖSTERREICH-Intervioew verrät (s. rechts). Beschlossen werden könnte sie noch vor dem Sommer.
Sobotka: „Würde Notverordnung gerne sofort einsetzen“
ÖSTERREICH: Sie arbeiten an der „Notverordnung“, um den Zugang von Flüchtlingen einzuschränken. Wann wollen Sie die einsetzen?
Wolfgang Sobotka: Ich würde sie gerne so schnell wie möglich einsetzen, um die Obergrenze einzuhalten. Schauen Sie sich die Situation am Arbeitsmarkt an. Es drängen immer mehr Leute herein: Wir können Asylberechtigten einfach derzeit keine Arbeit anbieten.
ÖSTERREICH: Kanzler Kern sagt, wir sollten nicht den Eindruck erwecken, wir hätten einen Notstand.
Sobotka: Die innere Sicherheit und die öffentliche Ordnung sind zu gewährleisten. Wenn Sie sich den Arbeitsmarkt ansehen, dann ist da die Sicherheit nicht gegeben. Wenn Sie sich einige Wiener Bezirken ansehen, sind wir nicht nur voll – wird sind übervoll. Dann frage ich mich, was wird sonst als Kriterium herangezogen, als dass ich den Leuten keine Perspektiven geben kann?
ÖSTERREICH: Ist das indirekt Kritik an der SPÖ?
Sobotka: Es geht nicht um eine Partei, sondern um die Sache. Aber man kann nicht so tun, als gebe es keine Anspannung. Schauen Sie doch die Vorschläge der SPÖ an: Schon Asylwerber am Arbeitsmarkt zuzulassen, ist ja mehr als kontraproduktiv. Das ist ein Pull-Faktor nach dem Motto: „Bitte fahren Sie nach Österreich, dann kommen Sie sofort unter, weil da bekommen Sie sofort Geld, auch fürs Nichtstun.“
ÖSTERREICH: Themenwechsel. Wenn der VfGH die Präsidentenwahl aufhebt – wann könnte eine Neuwahl stattfinden?
Sobotka: Wir haben Fristen, brauchen nötige Zeit für die Vorbereitung – das sind mit Sicherheit rund drei Monate.
ÖSTERREICH: Muss sich Ihr Ministerium den Vorwurf gefallen lassen, dass da schlampig gearbeitet wurde?
Sobotka: Die Schlampereien sind bei Bezirks- oder in Gemeindewahlbehörden passiert, nicht bei uns.
ÖSTERREICH: Wenn diese Wahl aufgehoben würde – ergäbe das nicht ein schreckliches Bild von uns im Ausland?
Sobotka: Für mich wäre das natürlich ein Zustand, der untragbar ist und eine Blamage darstellt. Aber ich hoffe immer noch, dass es nicht so weit kommt. G. Schröder