Die Anklage enthält den Vorwurf des Verbechens nach dem Verbotsgesetz.
Die Staatsanwaltschaft Wels erhebt Anklage gegen vier Jugendliche, die an einem Neonazi-Zwischenfall vor etwas mehr als einem Jahr in der KZ-Gedenkstätte in Ebensee beteiligt waren. Die Anklageschrift enthält den Vorwurf des Verbrechens nach Verbotsgesetz - der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn. Das teilte sie Freitagnachmittag in einer Presseaussendung mit.
Störaktion bei Gedenkfeier
Die Staatsanwaltschaft klagt die
Beschuldigten wegen einer Störaktion bei einer Gedenkfeier am 9. Mai
vergangenen Jahres an. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig. Damit steht
auch ein Verhandlungstermin noch nicht fest. Ein Verfahren gegen einen
fünften Verdächtigen wurde eingestellt, weil es bei ihm keine Hinweise auf
eine Straftat gebe.
Drei der vier angeklagten Jugendlichen waren zum Tatzeitpunkt 16, einer 14 Jahre alt. Einem von ihnen wird in der Anklageschrift zur Last gelegt, er hätte anlässlich einer Gedenkfeier im ehemaligen KZ Ebensee in etwa 400 Meter Entfernung in der ehemaligen Stollenanlage "Heil Hitler" und "Sieg Heil", "Sieg Heil, ihr Schweine" und "Blood and Honour" gerufen. Dabei sei er in einer uniformähnlichen Kleidung - eine Art "Tarnanzug" und einer Sturmhaube - und in Nachahmung des militärischen Stechschrittes im Gedenkstollen marschiert. Zudem habe er die Hand zum "Hitlergruß" erhoben und Besucher der Gedenkveranstaltung mit Munition aus einer Softgun-Waffe, die einem Sturmgewehr ähnlich sah, unter Beschuss genommen. Zwei weitere hätten ebenfalls "Heil Hitler" gerufen und die Besucher aus einer Softgun-Waffe beschossen. Der vierte soll "Heil Hitler" und "Sieg Heil" gebrüllt und Schüsse mit einer aus einer CO2-Pistole abgefeuert haben.
5. Beschuldigter nicht angeklagt
Der Vorwurf der
Körperverletzung wird in der Anklageschrift nicht erhoben, weil diese nicht
erwiesen sei, ebenso der Verletzungsvorsatz. Ebenfalls eingestellt wurde das
Verfahren gegen einen fünften Beschuldigten, weil ihm keine strafbare
Handlung nachgewiesen werden kann, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Sie hat die Anklage beim Landesgericht Wels eingebracht. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig. Erst wenn dies der Fall ist, kann das Gericht einen Termin für die Hauptverhandlung festlegen. Bei einer Verurteilung wegen Betätigung im nationalsozialistischen Sinn gemäß Paragraf 3g Verbotgesetz droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu 20 Jahren. Bei Jugendlichen gelten die allgemeinen Strafgesetze, aber das Höchstmaß aller angedrohten Freiheitsstrafen wird auf die Hälfte herabgesetzt, ein Mindestmaß entfällt.
Internationales Aufsehen
Der Vorfall in Ebensee hatte für
internationales Aufsehen gesorgt. Die Staatsanwaltschaft hat danach sehr
gründlich und lange erhoben. Den inzwischen erhobenen Vorwurf der
Verschleppung wies die Justiz vehement zurück. Zu Jahresbeginn hat die
Staatsanwaltschaft einen Entscheidungsvorschlag gemacht, dieser ist bis
Ostern im Justizministerium gelegen. Danach sind noch weitere Ermittlungen
durchgeführt worden. Bei der diesjährigen Gedenkfeier in Mauthausen gab es
umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen. Kulturministerin Claudia Schmied (S), die
die Gedenkrede hielt, entschuldigte
sich dabei ebenso für den Vorfall wie der Bürgermeister von Ebensee Herwart
Loidl (S).