Marathonsitzung vor den großen Parlamentsferien: 58 Gesetze werden in nur zwei Tagen durchgepeitscht. Danach gibt’s 7 Wochen Urlaub.
Jahresfinale im Parlament: Während der letzten beiden Plenartage in diesem Jahr wird im Schnitt jede halbe Stunde ein Gesetz durchgewunken. Von 9 Uhr früh bis Mitternacht, also 15 Stunden, müssen die Mandatare ausharren. Insgesamt sind es 58 Gesetze, die gestern und heute im Hohen Haus behandelt werden (siehe Tabelle). Darunter auch sehr sensible Materien, wie die Eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare.
Fazit: Jede halbe Stunde ein Gesetzesbeschluss – selbst ORF-„Parlamentarier“ Hannes Bürger wird skeptisch: „Ob da nicht die Qualität darunter leidet …?“
Nationalratpräsidentin
für mehr Sitzungstage
Nationalratspräsidentin
Barbara Prammer (SPÖ) ist unglücklich über diesen Zustand. „Wenn man mehr
Redner haben will und eine ausführlichere Debatte, wird es schwierig. Wir
haben zwar die Sitzungstermine im Konsens beschlossen, aber wenn es dann so
weit ist, kommen dann doch Klagen“, so Prammer im ÖSTERREICH-Gespräch.
Politische Beobachter wundern sich nur mehr über die Einteilung – vor allem, weil nach dem Marathon sieben Wochen Ferien beginnen.
SPÖ-Matznetter: ,Arbeite auch sonst bis Mitternacht‘
Für
den SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter sind die Marathonsitzungen Routine:
„Ich brauche keinen Plenartag, um bis Mitternacht arbeiten zu müssen. Für
Politiker ist das Alltag.“ Dass die Mandatare nicht jedes Detail der 58
Gesetze kennen, über die sie abstimmen, sei so nicht richtig: „Die Gesetze
werden ja vorher lange in den Ausschüssen debattiert.“
Karlheinz Kopf, Klubchef der ÖVP, sieht das ähnlich. „Natürlich sind so lange Sitzungen für die Abgeordneten eine besondere Anstrengung.“ Sein Rezept, um die Konzentration zu halten: „Ich achte darauf, wirklich ausgeschlafen zu sein. Ab und zu muss ich frische Luft schnappen.“
Peter Pilz: „Regierung will kein Kontrollparlament“
Der
Grüne Abgeordnete Peter Pilz hält hingegen die Marathonsitzungen für ein
demokratiepolitisches Problem: „Die Regierungsparteien wollen kein Arbeits-
und Kontrollparlament. Die Gesetze sollen oben rein und unverändert wieder
raus“, schimpft Pilz: „Erst einigt sich die Regierung bis zum Schluss nicht,
dann soll alles auf einmal gehen. Das ist husch, pfusch.“
Die Regierungsparteien hätten die Grünen nun sogar gebeten, auf ihre Dringliche Anfrage an Finanzminister Josef Pröll wegen der schlechten Klimaperformance zu verzichten, damit die Sitzung heute nicht so lange dauere. Doch die Grünen kennen keine Gnade: Parteichefin Eva Glawischnig will Pröll persönlich in die Mangel nehmen. Gegen VP-Umweltminister Berlakovich gibt es einen Misstrauensantrag. Damit wird die heutige Sitzung mit Sicherheit bis nach Mitternacht dauern.
Auch FP-Mandatarin Susanne Winter sieht lange Sitzungen als Problem: „Es ist unmöglich, sich durchgehend zu konzentrieren. Damit ich das durchstehe, mache ich Ausdauersport.“ BZÖ-Klubchef Josef Bucher kritisiert den De-facto-Ausschluss der Öffentlichkeit: „Die wichtige Debatte über die Kinderrechte findet um Mitternacht statt. Mit mehr Sitzungen gäbe es bessere Debatten.“