AMS-Skandal

60 Mio Euro per Computer verschoben

31.01.2009

Es ist der Coup des Jahres: Ein hoher Beamter soll 60 Millionen Euro vom Ministerium gestohlen haben, um einer Firma in finanziellen Nöten zu helfen. Der Staatsanwalt ermittelt.

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© Niesner
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Ein paar Knopfdrucke und 60 Millionen Euro waren vom Finanzministerium abgezweigt. Wolfgang W., ein Top-Beamter, soll an Privatpersonen 16 Millionen Euro Cash überwiesen haben – das Geld hätte beim Arbeitsmarkt­service (AMS) landen sollen. Das berichtet das Nachrichtenmagazin profil.

Die Millionen flossen weiter im großen Stil: Zusätzlich soll W. einem Erwachsenenbildungsinstitut Schuldscheine der Republik im Wert von 43 Millionen Euro aus­gestellt haben. Für W. gilt die Unschuldsvermutung.

Wolfgang W. ist Top­Beamter der Bundesbuchhaltungsagentur und damit einer der höchsten Vermögensverwalter des Landes. Der mutmaßliche Täter ist Bereichsleiter für den Bereich IV und damit zuständig für die Millionen, die dem Arbeitsmarktservice (AMS) zufließen – diese Gelder soll er 2008 angezapft haben.

Gestanden
Der Spitzenbeamte W. wurde von mehreren Behörden intensiv verhört, so Finanzministeriumssprecher Harald Waiglein: „Uns hat er die 16 Millionen Euro gestanden, die er illegal ausbezahlt hat. Der Staatsanwaltschaft hat er ­eine weitaus höhere Summe gestanden.“ W. dürfte also bereits die gesamte fehlende Summe von 60 Millionen ­Euro zugegeben haben. Er wurde suspendiert.

Nutznießer der Überweisungen war wahrscheinlich immer die Wiener Firma Venetia – das Schulungsinstitut steht vor dem Konkurs. Eine jahrelange Bekanntschaft soll den Verdächtigen und Kurt Datzer, Geschäftsführer des Lern-Instituts, verbinden. Denn die Schulungsfirma hielt lange für das AMS Kurse ab und W. war nicht nur in seiner ­aktuellen Position, sondern schon in seinem letzten Job im Sozialministerium zuständig für AMS-Gelder gewesen. Der Verdacht liegt nahe, dass der Beamte dem privaten Bildungsinstitut finanziell helfen wollte. Kurt Datzer versuchte wahrscheinlich die Schuldscheine an Banken zu verkaufen.

Die Sicherheitslücke
Der verdächtige Beamte hatte leichtes Spiel, denn trotz ausgefeilten Sicherheitssystemen konnte man relativ unbehelligt die Staatsgelder abzweigen. Um eine Überweisung per Telebanking durchführen zu können, müssen ­Sicherheitscodes von zwei Beamten eingegeben werden. Der Täter hat vermutlich den Code seines Kollegen gestohlen, um die Transaktionen durchzuführen. Im Ministerium erkannte man zwar die Gefahr von Computer-Überweisungen, man rückte dennoch nicht von dieser Praxis ab, so Harald Waiglein: „Das geht nicht, weil Ministerien kurzfristig am selben Tag Gutschriften brauchen, sonst kämen sie in Liquiditätsprobleme. Wir könnten jetzt darüber streiten, ob das eine Sicherheitslücke ist.“

Misstrauische Banken
Aufgeflogen ist der Skandal nicht etwa, weil dem Ministerium das Geld fehlte. Einigen Banken erschien es verdächtig, dass der Chef des Lerninstituts mit Schuldscheinen in Millionenhöhe in die Filialen kam. Die Banken fragten bei AMS-Chef Herbert Buchinger nach. Der Deal platzte.

Mittlerweile sind beide Verdächtigen – der Beamte und der Chef des Lerninstituts – verhaftet.

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