„Aktion scharf“ in Traiskirchen: Die Polizei greift nach Wunsch des wahlkämpfenden Landeshauptmannes bei „Dublin-Fällen“ hart durch.
Seit der Öffnung der Schengen-Grenzen sind laut Sicherheitsdirektion Niederösterreich 585 Asylwerber im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen angekommen, davon 378 Tschetschenen. Die Politik geht jetzt hart gegen die Flüchtlinge vor: Insgesamt wurden bisher 60 Asylwerber wieder abgeschoben. Allein in der Nacht auf Freitag nahm die Polizei 27 Tschetschenen, zum Teil Familienväter, in Schubhaft. Dabei kam es im Flüchtlingslager zu tumultartigen Szenen.
Panik-Reaktion
Frauen brachen in Panik aus, weil sie fürchteten,
dass ihre Ehemänner nach Russland gebracht werden. „Wir haben versucht zu
deeskalieren. Einige Tschetscheninnen mussten in die Psychiatrie nach Baden
gebracht werden“, so Klaus Neumann vom Verein Menschen.Leben, der das
Frauenhaus in Traiskirchen betreut.
Die Aktion war möglicherweise erst der Beginn von weiteren Massen-Abschiebungen. Denn die menschlichen Schicksale spielen im aktuellen niederösterreichischen Wahlkampf eine gewichtige Rolle. Landeshauptmann Erwin Pröll, der für die ÖVP wieder eine absolute Mehrheit anstrebt, hatte seinen Parteifreund Innenminister Günther Platter nachdrücklich aufgefordert, schnell abzuschieben. „Asylwerber, die bereits in einem anderen Land, also etwa Polen und der Slowakei mit Fingerabdruck erfasst wurden, müssen sofort in das Erstaufnahmeland zurückgeschickt werden“, so der Landeshauptmann.
Dublin-Fälle
Pröll beruft sich dabei auf das
„Dublin-Abkommen“, wonach Asylwerber, die über ein anderes EU-Land nach
Österreich einreisen oder dort bereits einen Asylantrag gestellt haben, in
eben jenes zurückgeführt werden müssen. Tschetschenen erhoffen sich, in
Österreich eher als Flüchtlinge anerkannt zu werden als in anderen
EU-Ländern. Die Quote liegt hierzulande bei 80 Prozent, während in Polen nur
20 Prozent der Tschetschenen einen Flüchtlingsstatus erhalten.
Schubhaft
Kritik an der Aktion in Traiskirchen kam vom
UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR: „Zu unserem Bedauern wird das härteste
Mittel angewendet, nämlich die Schubhaft. Und das, obwohl man weiß, dass
das Verfahren Wochen dauern wird und die Überstellung noch nicht endgültig
fix ist“, sagt Sprecher Roland Schönbauer.