NEOS-Abg. Sepp Schellhorn zeigte sich empört, weil die Abstands- und Maskenregeln nicht eingehalten wurden.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Mittwoch - bei seinem ersten Termin außerhalb von Wien seit zehn Wochen - dem Vorarlberger Kleinwalsertal einen Besuch mit Signalwirkung abgestattet. Am Tag, an dem die beabsichtigten Grenzöffnungen zu Deutschland und zur Schweiz offiziell wurden, besprach er sich am Abend nach einer mehrstündigen Autofahrt mit den Verantwortlichen an Ort und Stelle.
Video zum Thema:
NEOS-Anzeige nach Flaggen-Empfang für Kurz
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"Offene Grenzen"
Das Kleinwalsertal mit seinen rund 5.000 Einwohnern gehört zwar zu Vorarlberg, ist aber auf dem Straßenweg nur über Deutschland zu erreichen. Weil die Grenzen noch geschlossen sind, musste sich der Bundeskanzler eine Transitgenehmigung im bayrischen Innenministerium besorgen, um überhaupt anreisen zu können. Als auf den deutschen Tourismus ausgerichtetes Zollausschlussgebiet - vor Einführung des Euro wurde im Kleinwalsertal mit D-Mark bezahlt - haben sich die Grenzschließungen in den vergangenen Wochen im Kleinwalsertal besonders einschneidend ausgewirkt. "Es herrschte im Kleinwalsertal von Anfang an eine besondere Situation. Es war eine Quarantäne aus geografischen Gründen", sagte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Es sei ein Signal, "gemeinsam hier zu stehen und zu sagen: 'Wir wollen offene Grenzen!'"
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Nach der Begrüßung bei der Walserschanz - der Grenze zwischen Deutschland und Österreich - fuhren die Politiker weiter nach Hirschegg, wo eine Arbeitssitzung mit Gemeindevertretern und Touristikern auf dem Programm stand. Am Donnerstag stand für Kurz ein Treffen mit Vorarlberger Unternehmern an.
Anzeige durch NEOS
Im Kleinwalsertal fanden sich viele sichtlich begeisterte Menschen ein, um Kurz zu empfangen - und hielten sich dabei, wie auf einem Video der "Vorarlberger Nachrichten" zu sehen war, nicht an den Corona-Mindestabstand.
Das sprach der Kanzler in einer improvisierten kurzen Ansprache auch an: "Ich bitte euch alle, a bissl an Abstand zu halten", sagte er, nachdem er sich seinen Weg durch die Menge zum Eingang gebahnt hatte - was mit einigen lauten Lachern quittiert wurde. Kurz, Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), Bürgermeister Andi Haid und andere Vorarlberger Politiker bemühten sich am zur Rede-Tribüne umfunktionierten Gebäudeeingang so gut es ging um Abstand. Masken sind auf Videos, die in den sozialen Medien kursieren nur wenige zu sehen, manche trugen sie als "Halsband".
NEOS-Abg. Sepp Schellhorn zeigte sich empört: "Das ist ja unglaublich! Ist das echt? Die Kulturschaffenden, Theater und Filmemacher müssen sich über Hygienebestimmungen den Kopf zerbrechen. Wirte um Abstandsregelungen mit Masken und dann das" twitterte er - und kündigte eine Anzeige an: "Herr @karlnehammer walten Sie ihres Amtes! Wir werden eine Anzeige einbringen!", so ein weiterer Tweet des pinken Abgeordneten.
Herr @karlnehammer walten Sie Ihres Amtes ! Wir werden eine Anzeige einbringen ! https://t.co/EWIhfCHRoC
— Sepp Schellhorn (@pepssch) May 13, 2020
Kanzleramt appelliert: Abstand einhalten
Angesichts einiger Kritik auf Twitter und einer von NEOS angekündigten Anzeige zum Besuch von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Kleinwalsertal hat das Bundeskanzleramt den Appell erneuert, den Sicherheitsabstand einzuhalten. Obwohl man sich in der Organisation im Vorfeld und beim Besuch direkt darum bemüht habe, sei von Bewohnern und Medienvertretern "teilweise der Mindestabstand leider nicht eingehalten" worden.
Der vereinbarte Termin mit den Gemeindevertretern von Mittelberg habe in zwei kleinen Runden und mit einem Sicherheitsabstand von zwei Metern stattgefunden. Und die Gemeinde habe der Bevölkerung vor dem Besuch mitgeteilt, dass aufgrund der Coronaregeln keine öffentliche Zusammenkunft mit Kurz möglich sei. Auf dem Weg ins Walserhaus habe der Kanzler selbst daher die Bevölkerung und die Medienvertreter auf der Straße mehrmals gebeten und aufgerufen, die Abstandsregeln einzuhalten, betonte ein Sprecher in einer Stellungnahme gegenüber der APA.
"Man weiß, wie schwer es ist, den Abstand einzuhalten, vor allem wenn die Infektionszahlen zurückgehen", hieß es darin weiter. Das Kleinwalsertal sei aufgrund seiner geografischen Defacto-Abriegelung in den letzten Wochen vom Virus verschont gebelieben, auch Vorarlberg verzeichne seit mehreren Tagen keine Neuinfektionen.
Trotzdem wies das Kanzleramt nochmals darauf hin, wie wichtig es sei, weiterhin die Regelungen zu befolgen: "Egal ob man den Bundeskanzler oder Freunde auf der Straße trifft: Der Abstand ist einzuhalten." Mit der Maske halte es Kurz in den Bundesländern nicht anders als in Wien: Bei Bewegungen in geschlossenen Räume trage er Mund-Nasen-Schutz, im Freien nicht.
Auf Twitter war - angesichts eines von den "Vorarlberger Nachrichten" auf Youtube veröffentlichen Videos - nicht nur kritisiert worden, dass in der Menschenmenge vor dem Walserhaus die 1-Meter-Regel verletzt wurde, sondern von manchen auch, dass Kurz dort ohne Maske oder Plexiglasschild auftrat. NEOS-Abgeordneter Sepp Schellhorn kündigte eine Anzeige an.