Ab Mai werden Österreichs Schulen wieder schrittweise geöffnet. Doch laut TU-Experte Niki Popper wird diese Schulschließung in Zeiten der Coronakrise nicht die letzte gewesen sein.
Damit die Wiederöffnung der Schulen und Kindergärten nicht zu einem Treiber der Coronavirus-Infektionszahlen wird, sollte man dort laut Simulationsexperten Niki Popper von der Technischen Universität (TU) Wien nicht nur für möglichst kleine Gruppen auf möglichst viel Raum sorgen. Bei Auftreten positiv getesteter Fälle müsse man auch lokal schnell reagieren und Schulen auf Zeit sperren können.
Wo es technisch und organisatorisch möglich sei, sollte an Schulen die Dichte soweit wie möglich reduziert werden. Klassen sollten nicht voll besetzt sein, zwischen den Gruppen soll es zur Sicherheit zu wenig Vermischung kommen und die Hygienemaßnahmen müssten eingehalten werden. "Zur Frage des Einflusses der Schulen auf die Ausbreitung von Covid-19 gibt es gerade eine intensive internationale Diskussion und noch viele Unklarheiten. Aber wir sehen in den Simulationsrechnungen, dass die genannten Punkte viel an möglichen Ausbreitungen reduzieren", so Popper. Die Berechnungen seines Teams an der TU Wien dienen der Regierung mit jenen des Complexity Science Hub (CSH) Vienna als Entscheidungsgrundlage bei den Corona-Maßnahmen.
In den Berechnungen sehe man auch, dass positiv getestete Fälle möglichst schnell und konsequent aus dem System geholt werden müssen. "Es ist wichtig, dass man jetzt schon einen Modus mitdenkt, wie man dann einen Teil einer Schule oder eine Schule lokal für ein, zwei Wochen zumacht. Das muss man jetzt schon mitdenken, damit die Menschen wissen: Deswegen bricht jetzt nicht die Welt zusammen."
Der Schaden sei in diesem Fall viel überschaubarer, als wenn alle Schulen zugemacht würden. Die Berechnungen zeigten aber, dass das sehr effektiv sei. "Man kann wahrscheinlich viel hochfahren, wenn man beim Auftreten von Infektionsclustern lokal schnell und schlau reagiert. Dann können wir sehr viel an negativen Ausbreitungseffekten abfangen."
Eine Schließung nur jener Schulen mit Krankheitsfällen könnte laut Popper fast genauso gut wirken wie eine Schließung aller Schulen. "Allerdings nur wenn man gescheit und intensiv testet und die infizierten Knotenpunkte schnell rausholt. Wir sehen in unsere qualitativen Rechnungen, dass das gut funktioniert."
Anders als vor vier Wochen habe man heute mehr Testkapazitäten und Popper hofft, dass diese Maßnahmen jetzt besser umsetzbar sind. Außerdem sei man schneller im Rausholen von positiv getesteten Personen aus dem System, indem etwa Schulen oder Arbeitsstätten geschlossen werden. "Wir hatten mehr Zeit uns vorzubereiten. Vor vier Wochen wäre das wohl nicht so schnell und effizient gegangen."
Wie sich die Öffnungen der Schulen quantitativ auf die Infektionszahlen in der Gesamtbevölkerung auswirken könnten, ist laut Popper wegen der Verkettung mit verschiedenen anderen Maßnahmen sehr schwierig einzuschätzen. Die Rückkehr der Maturaklassen und der Abschlussklassen der Berufsschulen ab 4. Mai seien allerdings sicher kein Problem, weil es sich nur um wenige Menschen handle.
Eine spezielle Herausforderung seien sicher die Kindergärten. "Dort ist es völlig illusorisch, Abstand zu halten. Wenn ein Kind in einer Gruppe das Coronavirus hat, muss ich in der Simulation davon ausgehen, dass es die anderen fünf bis zehn ebenfalls haben." Deshalb plädiert das Team um Popper auch hier für möglichst kleine Gruppen. Zusätzlich sollte man überlegen, die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen möglichst regelmäßig zu testen. "Da kann ich relativ schnell sehen, wenn wo etwas passiert."