Der Altkanzler und Ex-SP-Chef geht auf Distanz zur eigenen Partei und seiner Nachfolgerin.
Ex-SPÖ-Chef Christian Kern geht auf Distanz zu seiner Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner und gibt der Partei wenig Chancen bei der bevorstehenden Nationalratswahl. "Hoch gewinnt die SPÖ das nimmer", sagte der Altkanzler in der "Tiroler Tageszeitung" (Samstagsausgabe).
Aufhorchen ließ Kern mit der Aussage, dass er das letzte Mal bei der Amtsübergabe mit (der von ihm ursprünglich forcierten) Rendi-Wagner gesprochen habe und es keinen Kontakt zwischen ihnen gebe außer "gelegentlich ein Sms".
Der kurzzeitige SPÖ-Chef übte zudem indirekt Kritik an der Personalauswahl Rendi-Wagners. Zum Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda meinte er etwa: "Rendi-Wagner hat ihn ausgewählt. Damit ist er der Richtige." Und dass der Wiener Christian Deutsch Wahlkampfmanager wird, kommentierte Kern ziemlich deutlich mit den Worten: "Die Vorsitzende wird ihre Überlegungen haben. Auch wenn sie sich nicht jedem auf Anhieb erschließen."
Die SPÖ kann nicht wieder zu ihren Wurzeln zurück, meint Kern. "Wer glaubt, dass die SPÖ wieder die große Arbeiterpartei werden kann, der verkennt die Realität. Die SPÖ muss meines Erachtens die bestimmende links-liberale Kraft sein, den das Rechts-Spektrum ist mit der ÖVP von Kurz und der FPÖ mehr als besetzt", sagt die ehemalige rote Spitze.
Mit dem Misstrauensantrag gegen die Regierung stimmt er mit den Roten überein. Das sei absolut die richtige Entscheidung gewesen. "Die Regierung stand für all das, was aus der SPÖ-Sicht der falsche Weg ist."
Dass die Partei ihre Beweggründe aber den Wählern gegenüber nicht deutlich begründen konnte, sieht auch Kern ein. Er erinnert sich an das damalige ZiB2-Interview von Rendi-Wagner am Abend der EU-Wahl. "Natürlich war der Auftritt der Parteigranden in finsterer Nacht optisch misslungen. Aber es geht doch um die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben wollen", appelliert er. "Die ÖVP kann bessere Geschichten erzählen, auch wenn sie nicht stimmen. Die SPÖ hat die Chance, zu zeigen, was die Alternative sein kann, zum Stahlgewitter aus PR-Texten und Marketing", erklärt Kern im Interview.