Nach dem fulminanten Bundeskongress und dem grünen 'Ja' zur Koalition mit der ÖVP, war der zukünftige Vizekanzler im Interview bei Fellner! LIVE und machte eine erste Ankündigung.
Wien. Am Sonntagabend war Grünen-Parteichef Werner Kogler im großen Interview bei Fellner! LIVE, gab persönliche Einblicke zum Bundeskongress und machte erste Ankündigungen. Verstehen könne er die Kritik am Regierungsprogramm, sagte Kogler gleich zu Beginn. "Es gibt den Kompass der eigenen Werte - da wird es schwieriger (Anm. mit der ÖVP) - und es gibt den Kompass der Verantwortung", erklärte er und fügte hinzu: "Es ging mir darum, auf den Unterschied hinzuweisen: So sieht es mit Türkis-Blau aus und so sieht es mit Türkis-Grün aus."
Gefeiert hätte er nach seiner Rede in Salzburg nicht - seine Freundin hatte Geburtstag - und sie hätten sich um 19.30 Uhr, bald nach der Abstimmung "vertschüsst", wie er berichtete.
oe24.TV: Es gibt viele Beobachter, die sagen es ist ein sehr stark türkises Programm. Wie viel Prozent dieses Regierungsprogramms sind denn wirklich Grün ihrer Meinung nach?
Kogler: "Ich tue mir da schwer mit dem Vermessen und weiß auch nicht ob das, dass Geschickteste ist. Ich glaube Sebastian Kurz und ich stimmen darüber ein, dass es gar nicht so darum geht, wer das gewonnen hat - gewinnen tut sicher Österreich. Ich finde diese Umwelt-Kapitel, auch in Verbindung mit Wirtschafts- und Steuersystemen, katapultieren Österreich von einem Nachzügler ganz weit nach vorne."
oe24.TV: Die Sicherungshaft wurde vor allem von den Grünen heftig kritisiert. Wie argumentieren Sie jetzt für diese Sicherungshaft?
Kogler: "Das Thema ist ja jetzt völlig überdehnt. Da reden wir schon den sechsten Tag darüber, glaube ich. Da muss jetzt mal Schluss sein. Es gibt da eine Passage (Anm. im Regierungsprogramm), wo angeregt wird, dass eine Gesetzeslücke, wenn sie denn so existiert, verfassungskonform zu schließen ist. Das betrifft, wenn überhaupt, einige wenige Fälle. Jetzt müssen wir erstmal schauen, wie Verfassungskonformität in diesem Bereich überhaupt Spielräume erzeugt. Das wird sich die Justizministerin und andere Experten anschauen. Das wird alles unter dem Aspekt der europäischen Menschenrechtskonvention und auch des anderen europäischen Rechtsrahmens zu sehen sein. "
oe24.TV: Braucht es eine Verfassungsänderung?
Kogler: "Das wissen wir gar nicht. Das müssen wir schauen, jetzt steht verfassungskonform. Ich habe im März selber heftig kritisiert, was der damalige Innenminister Kickl da auf die Reise bringen wollte. Das was jetzt da steht, ist ja nicht annähernd vergleichbar. Also bitte, bleiben wir alle am Boden. Diese Debatte ist ja völlig überzogen und überflüssig."
Kogler: CO2-Bepreisung kommt 2022
oe24.TV: Im Regierungsprogramm steht, dass eine Taskforce die CO2-Bepreisung bis 2022 ausarbeitet. Können Sie garantieren, dass die CO2-Steuer in dieser Legislaturperiode umgesetzt wird?
Kogler: "Das kann ich deshalb nicht garantieren, weil ich nicht weiß, wie sich die ÖVP am Schluss verhalten wird. Ich gehe einmal von Pakttreue aus. Dann wird Folgendes passieren: Es wird 2022 schon eine Lösung geben, die eingeführt wird. Da scheint ein Missverständnis vorzuherrschen. Die Taskforce arbeitet ja nur die besten Modelle aus. Entweder es gibt eine große ökologische Steuerreform, oder so was Ähnliches wie in der Bundesrepublik, wo eben diese klimaschädlichen Emissionen, anders als über Steuern verteuert werden. Im übrigen wird woanders immer was billiger. Wir treffen uns da ja mit der ÖVP, dass es sogar insgesamt eine Entlastung geben wird. Das ist das tutto completto grüne ökologisch-soziale Programm, das sich hier heranpirscht."
"In der ersten Stufe der Steuerreform, die kommt ja - da stimme ich mit Sebastian Kurz überein - am 1.1.2021, also relativ rasch, wird es Ökologisierungs-Schritte geben, die große Handschrift haben. Wir machen was bei den Flugverkehrsabgaben. Die Autokäufe werden sich so verändern, dass die E-Autos und die CO2-armen Autos billiger werden - um einiges teurer werden die großen Stinker im Diesel-Bereich. Wir haben die Pendlerpauschale zum Umbauen, die wesentlich ökologischer wird. Das sind ja alles Öko-Steuern-Maßnahmen. Wenn wir den Lkw-Transit stärker aus Österreich abhalten wollen, dann braucht das auch ökologisch-steuerliche Maßnahmen."
oe24.TV: Bei einer Flüchtlingswelle hat sich die ÖVP einen koalitionsfreien Raum ausverhandelt. Wie kam es dazu?
Kogler: "Es ist kein koalitionsfreier Raum - da hätte ich mich heftig dagegen gestemmt - sondern ein Mechanismus zur Lösung von Krisen. Es würde nur zur Anwendung kommen, wenn es zu signifikant großen Abweichungen kommen würde. Sebastian Kurz sagt ja selber das wird es nie brauchen."
oe24.TV: Viele Experten sagen, sie hätten sich einen Staatssekretär ins Finanzministerium setzen müssen, weil dort einfach alles entschieden wird. Warum haben Sie das nicht gemacht?
Kogler: "Das halte ich in der Form für nicht notwendig. Ich habe das lange beobachtet und kenne mich da schon aus. Viele Staatssekretäre sind im Finanzministerium ohne Information abgehangen - Andreas Schieder war das beste Beispiel dafür, da hat die Opposition von der Kollegin Maria Fekter regelmäßig mehr Informationen bekommen als der Staatssekretär. Zweitens haben wir im öffentlichen Dienst die Abteilung für Wirkungskontrolle. Drittens ist der öffentliche Dienst sowieso das Spiegelbild für diese ganze Angelegenheit. Viertens mache ich die Regierungskoordination ja selbst mit dem zukünftigen Finanzminister Blümel und da werden wir schon gut zu Rande kommen."
oe24.TV: Sie sind ja im Wahlkampf mit einem E-Taxi gefahren, wenn eine Zugreise nicht möglich war. Als Vizekanzler steht Ihnen ein Dienstauto zu. Wollen Sie auf ein E-Auto umrüsten? Wollen sie generell, dass die Regierungs-Flotte auf ein E-Auto umgerüstet wird?
Kogler: "Ja. Also ich glaube unser Einfluss kann durchaus so große werden, dass wir in einigen Jahren hier viele abgasfreie Autos in der Regierungsflotte haben. Was die grünen Ministerien und mein eigenes betrifft werden wir das relativ rasch versuchen."
oe24.TV: Also sie wollen ein E-Auto zukünftig im Vizekanzleramt.
Kogler: "Ja, ich würde gerne weiter nur mit den Taxis fahren und auch mit dem Zug. Ich bin aber darauf aufmerksam gemacht worden, dass wenn es Telefonate betrifft aus Staaträson nicht immer ganz günstig ist. Ich glaube über das Argument muss ich ernsthaft nachdenken. Das ist nämlich der Unterschied, ob du nur als Parteivorsitz, oder für die Republik unterwegs bist. Insofern wird es schon etwas brauchen, nämlich einen sehr vertrauensvollen Chauffeur und ein E-Auto, das schon."
"Wahrscheinlich werden wir Dienstautos brauchen, aber dann auf abgasfreier Basis."